Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1960

hatte die Stadt Enns an den Rat ein „bewegliches“ Begehren um Getreide gerich¬ tet, da sich der Hauptmusterungsplatz des genannten Regimentes in dieser Stadt be¬ and. Die Bäcker wurden vom Rate angewiesen, wenn im Lande Getreide nicht mehr zu erhalten wäre, dieses in Bayern zu besorgen.3s Das Ersuchen des Marktes Weyer um Getreidelieferungen aus der Stadt wurde unter dem Hinweis auf die zu erwartende Einquartierung abgewiesen.34 Da in Enns, Asten und an der Traun große Mengen Kriegsvolkes einquartiert waren und diese an der Bevölkerung aller¬ lei Mutwilligkeiten verübten, wurden die Viertelmeister der Stadt am 6. Juni an¬ gewiesen, in Steyr an den notwendigen Orten während der Nacht einen Wachdienst einzurichten, um eventuellen Übergriffen der Kriegsknechte zu begegnen.35 Ein makabres Schauspiel wurde den Stadtbewohnern durch die Justifizierung des Anführers im Bauernkriege 1595—1597 geboten. Peter Tasch war am 2. 5. 1598 wegen Rebellion zum Tode verurteilt worden. Da sein Heimatort Pettenbach, in dem er als Gastwirt tätig gewesen war, zum Gerichtsbereiche der Stadt Steyr gehörte, war das Urteil durch die Stadt zu vollstrecken. Über Befehl des Landes¬ hauptmannes sollten auch 300—400 Personen aus der Bürgerschaft zur Bewachung des Hinrichtungsplatzes gestellt werden. Dieses Ansinnen lehnte der Rat ab, da sich hierzu kein Bürger finden würde. Im übrigen, führte man aus, würde es einer so starken Bewachung gar nicht bedürfen, da Tasch seinerzeit der Stadt allerlei Un¬ gemach durch die Belagerung und Sperrung der Zufahrtswege nach Steyr zugefügt hatte.36 Am 16. September 1599 wurde das Urteil am Stadtplatze vollzogen. In einem Ratsprotokoll ist hierüber vermerkt: „... Vnd ist er (Tasch) auf freiem Platz alhie auf einer Pün mit dem Schwerdt vom Leben Zue Todt gerichtet worden 737 Vnd hat er sich selbst biß ans ende gewalttig aus Gottes wortt getröstet... Über viele Teilnehmer am Bauernaufstand wurden Geldstrafen verhängt. So teilte der Rat am 24. 6. 1600 der Landesregierung mit, daß der hiesige Untertan Leonh. Hausermayr die über ihn verhängte Strafe von 150 Talern erlegt hatte.ss Die Gefahr eines weiteren Aufstandes der Bauern schien noch nicht abge¬ klungen zu sein, denn auf einer Besprechung der landesfürstlichen Städte in Linz am 17. 10. 1599 beschäftigte man sich mit der zunehmenden Stärke der Bauern im Hausruckviertel und der Gefahr eines Einfalles der Bauernhaufen im Traun¬ viertel.39 Da in Waidhofen an der Ybbs und in anderen Orten der Umgebung Steyrs im September 1599 wieder Infektionskrankheiten auftauchten, sah sich der Rat ge¬ zwungen, den Stadtrichter zu beauftragen, in der Stadt und ihren Vororten die Schweineställe entfernen und auch die Gassen und Wohnungen der Bürger von 7 allem „oudufft“ saubern zu lassen.40 Im Jahre 1599 fehlte es in der Stadt nicht an wiederholten Versuchen, die evangelische Glaubensübung, trotz des kaiserlichen Verbotes, durchzusetzen. Eine Ge¬ legenheit hiezu bot sich anläßlich des Ablebens des Altbürgermeisters Hanns Adam Pfefferl. Da dieser ein begeisterter Protestant gewesen war, wollten Bürgermeister Muth und der Rat durch Magister Joachim Müller für den Verstorbenen eine Leichenpredigt halten lassen.41 Über diesen Plan beratschlagten in Linz anwesende Steyrer Ratsherren mit den politischen Ständen, doch rieten ihnen diese, Geduld zu üben und vorläufig das Predigen zu unterlassen.42 Im Oktober dieses Jahres wurde ein eigener Religionsausschuß des Rates gebildet, dem Bürgermeister Muth, die Räte Schwindenhammer, Gutbrod und Stadtschreiber Höber angehörten. Diese be¬ rieten, ob man wegen der Kriegsgefahr durch evangelische Prediger das „Türken¬ gebet“ beten lassen und gleichzeitig mit der Kinderlehre anfangen oder mit dem „völlig werch“ (also auch dem Predigen) wieder beginnen solle.4s Gegen den Vor¬ schlag mit dem vollen evangelischen Gottesdienste wieder zu beginnen, stimmten in einer Sitzung am 11. 10. die übrigen Mitglieder des Rates. Sie meinten, daß die Stadt ein unbestrittenes Recht nur an der Schulkirche besitze.44 In dieser solle alle Tage morgens um 7 Uhr das Türkengebet gesprochen und ein Sermon abgehalten 98

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