deshauptmanne und Dr. Paul Garzweiler) eine Bittschrift um Genehmigung zur weiteren Ausübung der Exerzitien übergeben sollte, wobei ein Fußfall angebracht wäre.10 Es wäre aber notwendig, einen Ausschuß zu bilden, in den aus jedem Stadtteile eine Person zu wählen wäre. Vielleicht würden sich die Kommissäre dann erweichen lassen, wenn sie merkten, daß die Aufrechterhaltung des evangelischen Glaubens nicht nur „raths getrieb“, sondern auch der Wille der Bürger sei. Auf diese Anregung der Prediger hin, wurde vom Rate befohlen, alle Viertel¬ meister am selben Tage um 12 Uhr ins Rathaus zu berufen. Jeder von ihnen sollte außerdem vier Bürger seines Stadtteiles mitbringen. Damit es aber aussehe, die Bürgerschaft habe die Idee einer Bittschrift „selbst erfunden“ wurde der Ratsherr Jakob Vischer beauftragt, mit dem Viertelmeister Hanuß Müllehener aus Steyrdorf die Angelegenheit vorher im geheimen zu besprechen. Müllehener sollte dann, wenn er mit den anderen Viertelmeistern in das Rathaus gerufen und ihnen die Ange¬ legenheit unterbreitet werden würde, den Versammelten den Vorschlag machen, eine Bittschrift zu verfassen. Dieser Plan gelang und die Viertelmeister forderten die Abfassung eines Schreibens an die Linzer Glaubenskommissäre. Der von Linz ergangene Befehl vom 22. 12. 1598 wurde am 4. 1. 1599 neuer¬ lich in einer Ratssitzung verlesen. Aus ihm geht hervor, daß wegen Nichtbefolgung des kaiserlichen Befehles innerhalb von 14 Tagen die Prediger auszuweisen, die Kirchen zu sperren und eine Pön von 8000 Dukaten zu leisten wäre. Eine neuerliche Aufforderung gebot, alle Kirchenschlüssel, Stiftungsbriefe und Urbarien (Grund¬ bücher) nach Linz zu liefern. Nach „zweiter ombfrag“ im Rat wurde beschlossen, die¬ sem Befehle Folge zu leisten.11 Nachdem selbst der Fußfall der Abgeordneten in Linz nicht zum gewünschten Ziele geführt hatte, beschäftigte sich der Rat am 5. 1. 1599 wieder mit den Pro¬ blemen der evangelischen Religionsausübung. Die beigezogenen Prediger äußerten sich zu diesen Fragen: „Weicht man anfangs ain wenig so lässt der feindt nit nach Setzt man sich dann Zu starckh) so hat man desto grössere Straff Zu besorgen. N Das sie also Ihres theils auch anstehen) Welches Zu erwehlen“. Weil der Gottes¬ dienst nicht an Gebäude gebunden sei, meinten die Geistlichen, solle man wohl noch am nächsten Tage, dem Dreikönigsfeste, die Frühpredigt in der Pfarrkirche abhalten und die Gelegenheit nützen, den Gläubigen mitzuteilen, daß künftighin in der Schul= und Spitalskirche gepredigt werde. Dies müsse man ihnen sagen, da sie sonst den Eindruck hätten, als sei man von der „erkanten vud bekanten“ Religion abgefallen. Die Sperrung der Pfarrkirche solle einerseits „Zu mehrer begüetigung des Kaisers“ geschehen, anderseits könne man dadurch vielleicht die anderen Kirchen als Kultstätte für den Protestantismus erhalten. Zum Schutze der Prediger erwog man, sie aus den Stadtwohnungen zu entfernen und zu ihrer Sicherheit an anderen Orten zu verbergen. Sie selbst aber meinten, sie begeben sich in den gnädigen Schutz und Schirm Gottes und seiner Engel und fürchteten sich nicht. Sie bedankten sich beim Rate für alle treuherzige Fürsorge. Am liebsten verblieben sie in ihren Woh¬ nungen, da sie nicht wüßten,wo sie sich in der Stadt verbergen sollten, und baten den Rat. ihre Haustüren instandsetzen zu lassen, damit sie diese bei einem Tumulte verschließen könnten.12 Damit man das Übel nicht größer mache, beschloß der Rat am Ende dieser langen Beratung, die Predigten in der Pfarrkirche einzustellen und sie in der Schul¬ kirche abzuhalten. Die Prediger sollten weiter in ihren Wohnungen verbleiben. Der Stadtkämmerer wurde beauftragt, alle Mängel beheben zu lassen. Außerdem sollte die Nachbarschaft auf die Predigerwohnungen „vleißig aufsehen“. Die Pfarrkirche ist nach der Frühpredigt am folgenden Tage, den 6. 1., zu sperren. Weitere Nach¬ richten aus Linz sind zu erwarten. Schließlich teilten die Prediger dem Rate noch mit, daß sie erfahren hätten, der Radschmied Winckler und der Bürger P. Reicheneder befänden sich in Linz. Dort „blosen“ sie dem Landeshauptmanne ein, was sie über die Beschlüsse des Steyrer Rates und Bürgermeisters erfahren und überdies „hauen (sie) ain Er¬ 93
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