kam wieder in den Besitz der Sprache. Muth wollte sie nun heiraten. Inzwischen hatten aber liebe Nachbarn der vermögenden Witwe von der Ehe mit dem Ver¬ sprochenen abgeredet. So leichten Kaufes gab sich Muth aber nicht geschlagen und er wandte sich an den Rat der Stadt mit der Bitte, daß dieser bei der Khlinglerin wegen der eingegangenen Heiratsverpflichtung intervenieren und mit „Ir handlen“ wolle. Die Stadtväter erklärten sich aber hiefür nicht zuständig und stellten das An¬ suchen Muths dem evangelischen Ministerium mit dem Ersuchen zu, daß dieses das „angefanngen Heyrattswerch“ weiterbringen möge.6 Trotz der Fürsprache dieses höchsten örtlichen Kirchenamtes kam es zu keiner Einigung mit der Versprochenen und wir finden den Bürgermeister später der Susanna Haindlin, einer Tochter des Ratsbürgers Gotthard Haindl angetraut. Dieser Ehe entsprossen fünf Kinder: Matthäus, David, Johanna, Christina und Margaretha. Am 13. 4. 1602 errichteten Muth und seine Frau ein gegenseitiges Testament, nach dem der überlebende Ehepartner Gesamterbe des vorhandenen Vermögens sein sollte, freilich wurde er mit der Aufgabe betraut, die Kinder zu erhalten und zu erziehen. Jedem Kinde wurden überdies 1000 Rheinische Gulden, den Söhnen des Erblassers auch dessen Kleider, Rüstung und Zugehör, den Töchtern Frauenkleider und „Frauenzier“ den Verwandten in auf= und absteigender Linie je 100 Gulden vermacht. Sollten sich diese an der genannten Summe nicht „ersättigen“ lassen, hätten die Legate zur Hälfte dem Kaiser und zur anderen Hälfte den Armen im Bruderhause zu gehören.? Erzherzog Ferdinand hatte 1596 die selbständige Regierung von Inneröster¬ reich angetreten. Die von ihm begonnenen Religionsreformen veranlaßten auch Landeshauptmann Löbl in den folgenden Jahren mit großem Eifer daranzugehen, den Protestantismus im ganzen Lande ob der Enns auszurotten und dem Katho¬ lizismus zum Siege zu verhelfen. Vorerst hatte man das Bestreben, die landesfürst¬ lichen Städte, darunter Steyr, zum alten Glauben zurückzuführen. Die zu einer Sitzung des Landtages nach Linz abgeordneten Ratsherren Hieronymus Händl und Hanns Stauder sandten anfangs Jänner 1599 der Stadt die Abschrift einer kaiserlichen Entschließung, der zu entnehmen war, daß die Aus¬ übung der lutherischen Lehren im Lande abgeschafft werden sollte. Eine Ausnahme war nur für den Herrenstand und die Ritterschaft vorgesehen, die ihre religiösen Übungen „daheimbs in Iren Schlössern als nur allein für sich selbst oben sollen ond mögen anderwerts aber niemandts Zu anhörung der Predigten hineinlassen sollen“. Da sich die politischen Stände des Landes durch diese Entscheidung „merck¬ lichst beschwert“ fühlten, beschlossen sie, nach reiflicher Beratung, dem Landeshaupt¬ manne ein Schreiben zu übergeben, in dem sie bitten wollten, an den Kaiser in Prag ein neuerliches Ansuchen wegen Gewährung der Religionsfreiheit zu richten. Den in Linz befindlichen Ratsherren rieten überdies Freunde, man solle sich ferner des Predigens enthalten, die evangelische Gemeinde zur Geduld ermahnen und die Prediger anweisen, sich an geheimen Orten aufzuhalten.s Im Beisein der Herren des evangelischen Ministeriums, der Prediger, Magi¬ Joachim Müller, sowie des Diakones Andreas sters Balthasar Richter und Magister Rennman, wurde über die Lage beratschlagt. Der Rat sah sich einerseits gezwungen, dem kaiserlichen Befehle der Einstellung der lutherischen Religionsausübung nach¬ zukommen, anderseits versuchten Bürgermeister Muth, Stadtrichter Hirsch und die anderen Ratsmitglieder, als getreue Anhänger des Protestantismus, den Weiter¬ bestand der evangelischen Religion zu sichern. Die Prediger gaben den versammelten Räten zu bedenken, daß im Falle der Aufgabe der öffentlichen Religionsausübung auch sehr bald die Gemeindefunktionäre verschiedenen Drangsalen unterworfen wer¬ den würden. Sei die freie Religionsausübung einmal abgeschafft, wäre sie kaum wieder zu erlangen. Überdies könnte der Rat ohne Vorwissen und Einwilligung der evangelischen Gläubigen Steyrs die Kirchen nicht sperren und die Prediger „ab¬ schaffen“ meinten diese. Ein Ausweg fände sich, wenn man die Bürgerschaft vom Rate anweisen ließe, daß sie bei den kaiserlichen Kommissären in Linz (dem Lan¬ 92
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