In den folgenden Jahren, um 1671, wurden die Schießübungen durch längere Zeit vernachlässigt.? Die Schützengesellschaft trat aber wieder mächtig in Erschei¬ nung, als im August 1680 Kaiser Leopold I. und dessen Gemahlin die Eisenstadt besuchten. Zu den aus diesem Anlaß veranstalteten Festlichkeiten gehörte auch ein Schießen im Stadtgraben, dem der Kaiser zwei Stunden lang beiwohnte.? Da die Teilnahme an den Schützenfesten auf Gegenseitigkeit beruhte, besuch¬ ten auch Steyrer Schützen häufig auswärtige Veranstaltungen. Zum großen Frei¬ schießen in Linz im September 1560 wurden sogar Spielleute und Pritschenmeister aus Steyr abgesandt und erhielten für ihre Mühe auf Befehl des Linzer Stadtrich¬ tersein Trinkgeld im Betrage von 1 Pfund 3 Schilling 20 Pfennig zuerkannt. Die in Narrentracht gekleideten Pritschenmeister waren bei den Schützenfesten im 16. Jahrhundert als Aufsichtsorgane und Spaßmacher tätig und schrieben manch¬ mal auch gereimte Festberichte. Die Pritsche, entweder ein Kolben aus Leder oder einsäbelartiges, mehrmals gespaltetes Holz, kennzeichnete ihre Würde. Mit Spott¬ versen und mitunter derben Spässen belustigten sie die Festteilnehmer und bestraften schlechte Schützen oder solche, die die Schießordnung verletzten auf einer erhöhten Bank („Pritschbank“) durch Schläge mit der Pritsche auf den Hinterteil.= Im Jahre 1574 gewann der Steyrer Georg Leschenprant bei einem Festschie¬ ßen zu Krems a. d. Donau den ersten Preis weshalb ihm ein Kranz verliehen wurde. Der Rat zu Steyr verehrte ihm aus der Stadtmaut vier Taler. Da die Eisenstadt in den Besitz des „Khränzl“ gelangt war, begehrten die Kremser Schützen die Durch¬ führung eines Preisschießens in Steyr. Der Magistrat lehnte jedoch ab, weil durch die Wassergüsse der Jahre 1567 und 1572 die Stadt „sehr verderblich heimgesucht“ worden sei.s Über das große Linzer Festschießen im Jahre 1584 berichtet in einem umfang¬ reichen Lobgedicht der Augsburger Pritschenmeister Kaspar Lerff. Für Steyr ist diese Dichtung insofern aufschlußreich, da sie die Namen der Steyrer Schützen, die in Linz anwesend waren, anführt: „Herr Hieronymus Hirsch. Steffan Lichtenberger. Jocham Klang. Christoff Scheuber. Hans Blockher. Blasy Ranecker. Petter Stain¬ E. pacher. Jorg Liechtenberger. Marttin Bongartner, Christoff Leinener. Hann Fux¬ büller. Hanns Leinener. Wolff Linterer. Jörg Löschenbrandt“. Lienhart Wagner. Abraham Ott.“ Mit dieser Abordnung war Steyr von den auswärtigen Schützenver¬ bänden am stärksten vertreten. Wie Lerff berichtet, war Hieronymus Hirsch Mitglied der Neuner. „Oesterreich das Landt ob der Enuß Der sibent Neüner so vernems. Herr Hieronimus Hirsch von Steür Sah ihn lang nie als eben hewr Gottverleih ihm noch langes leben Thet guten Rath zum Schiessengeben. Auchander was man haben will Kein kurtzweil ist ihm nichtzuuil Jedoch das mit beschaidenhait 734 Ist er willig allzeit beraidt. — Die Neuner“ bildeten den obersten Schützenrat. Sie trugen rot=weiße Schärpen undauf dem Hut einen schwarz=gelben Federbusch. Am 24. September 1584 wurde das Linzer Schützenfest, das acht Tage ge¬ dauert hatte, mit der Preisverteilung abgeschlossen. Acht Schützen aus Steyr konn¬ ten Fahnen und Geldpreise nach Hause bringen.“ In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ergingen an den Magistrat Steyr Einladungen zum Friedensschießen des Marktes Weyer am 23. November 1650, zum Freischießen in Wels (1652), zum Hauptschießen in Waidhofen a. d. Ybbs (1654)¾ und zu einem Freischießen der „Hochfürstlichen Salzburgischen Komissa¬ rien“ im Jahre 1682. Die am Salzburger Festschießen teilnehmenden Schützen un¬ terstützte die Stadtobrigkeit mit 30 Gulden, doch mußten ihr die „herausgeschosse¬ 59
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