Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1959

die Wahl nicht verschoben werden dürfe. Schon zwei Tage später teilte Löbl mit, daß eine „Zimbliche bösserung“ seiner Krankheit eingetreten wäre und er rechtzeitig in Steyr eintreffen werde. Am Sonntag, dem Vorabend des St. Thomastages, langte Löbl im Kloster Gleink ein. Durch Abgesandte der Stadt wurde er am Mor¬ gen des Wahltages in Gleink begrüßt und gebeten, seine Mittagsmahlzeit in Steyr einzunehmen. Nach eingenommenem Essen schritt man auf „vorbeschechne von Altters ansag ond offne verkhündigung in Gottes namen“ an die Richterwahl, am folgen¬ den Tage wurde die Bürgermeisterwahl durchgeführt. Löbl wohnte beiden Wahlen bei und reiste nachher wieder nach Linz ab.? An der Ratswahl für das Jahr 1594 nahm als landesfürstlicher Kommissär der kaiserliche Rat und Vizedom Hanns Adam Gienger auf Wolfsegg und Rotten¬ egg teil. Am 16. 12. 1593 teilte der Rat dem Landeshauptmann mit, daß am 19. 12. 1593, dem Sonntage vor St. Thomas, um 12 Uhr im Rathause die Wahl, wie „von Alters Herkommen“ gebräuchlich, stattfinden werde. Dem vorhergehenden Samstag werde die Wahl der gesamten Bürgerschaft von Haus zu Haus angesagt und überdies nach der sonntäglichen Hauptpredigt in der Pfarrkirche von der Kan¬ zel bekanntgegeben.3 Ungeachtet des vom Kaiser im Jahre 1591 mit den Türken abgeschlossenen Waffenstillstandes und trotz der den Türken entrichteten ordentlichen und außer¬ ordentlichen Ehrengeschenke, verletzte Hassa Pascha laufend die Grenzen Österreichs durch Raubzüge und Wegnahme von Ortschaften. Der Großvezier Sinan Pascha suchte den regierenden Sultan schon lange zum Kriege zu bewegen. Dieser wurde von den Türken beschlossen, als Hassan Pascha von Bosnien von dem Banus Tho¬ mas Erdödy und dem Hauptmann von Karlstadt, Auersperg, geschlagen wurde. Die 415 Türken eroberten 1593 Vesprim, 1594 Raab. Um diese Zeit starb Sultan Murad. Nach ihm bestieg Mohamed III. den Thron und setzte den Krieg fort. Diese ernste Lage veranlaßte den Rat am 20. September 1593 über das „hieig Stadtdefension wösen (Stadtverteidigung)“ bald zu beraten und alle Män¬ gel beheben zu lassen. Auf das Patent des Landeshauptmannes vom „Turggenauf¬ bruch ond dz er Zu ofen (Ofen) ankhumen“ ordnete die landesfürstliche Obrigkeit an, man solle vorerst zur Abwendung der Gefahr, alle Tage morgens um sieben Uhr in der Stadtpfarrkirche und in der Bruderhauskirche eine Betstunde abhalten. Um dies der ganzen Bevölkerung zur Kenntnis zu bringen, wurde der Auftrag publi¬ ziert und von der Kanzel verlesen.5 Für die zu erwartende Notzeit wurde vom Rat vorsorglich die Ernennung des Iheronimus Händl zum Proviantmeister der Stadt beschlossen.“ Um genügend Ge¬ treide lagern zu können, ersuchte man die Herrschaft Steyr, der Stadt einen Kasten Speicher) zu leihen.“ Erzherzog Matthias befahl der Stadt im Oktober, daß jeder Bürger etwas für die „Turggenhilff“ spenden solle. Da aber gerade der Simonimarkt abgehalten wur¬ de, sich viele Bürger bei der Weinlese befanden und daher nicht in der Stadt anwe¬ send waren, beschloß man auf sie zu warten um ihre Stellungnahme zu hören. Am 27. 10. 1593 nahm der Rat zwei kriegserfahrene Knechte, Kaspar Schwarz aus Langern und Hans Jillg aus Nürnberg, gegen ein wöchentliches Wartegeld von je zwei Talern und eine notdürftige Wohnung auf, um sie in Zeit einer even¬ tuellen „feindtsnot Zugebrauchen"? Diese mußten sich verpflichten, alles was ihnen von der Stadt, gleichgültig zu welcher Zeit, anbefohlen wird willig, getreu und mit bestem Fleiß zu verrichten und sich gutwillig gebrauchen zu lassen. Sollten sie gegen einen Feind eingesetzt werden müssen, würde mit ihnen von der Stadt eine „Khriegs¬ bestallung“ abgeschlossen werden. Die zuvor hier gewesenen zwei Knechte Jakob Walther aus Nieder=Aichhorn in Unterschlesien und Matheus Schneider aus Würz¬ 7 burg wurden entlassen und erhielten 1 Taler „Laufgeld“ und 1 wollet (Decke)“ Bürgermeister Pfefferl schlug vor, die zwei neu aufgenommenen Knechte zu einer Übung zu gebrauchen, um dadurch „zuerforschen was Ir erfornhait seie“. 121

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2