Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1959

zu Ostern, wenn sie ausgetrocknet wären, mit grünem Tuch oder „Tapenzerei“ ver¬ sehen zu lassen. 109 Ein besonderes Argernis erregte es im Rate der Stadt, daß bei der Hochzeit des Daniel Tauskircher im Jahre 1583 dessen Pflegetochter Regina Egrerin mit einer „starken ansechlichen gulden Ketten hereingeprangt“ kam. Eine solche ansehn¬ liche goldene Kette ist nach Ansicht des Rates in diesen Zeiten sogar für ein „Weibs¬ bildt oder Junckfrauen eines hohen Standts“ zuviel des Guten gewesen. Außerdem hatten die Ratsherren in „gehaltener obrigkaitlicher nachforschung“ herausgebracht, daß für die vorgenannte Egrerin zur bevorstehenden Hochzeit auch drei neue Atlas¬ röcke in den Farben „Pämerantschen“ (orange), weiß und „feilbraun“ angefertigt wurden. Nach dem Stande des Bräutigams und ihrer selbst und im Hinblicke auf die jetzigen „schweren Zeiten ond erligung aller hieigen gewerb“ schienen dem Rate diese Atlasröcke zur Hochzeit der Egrerin nicht passend. Er verbot also, bei An¬ drohung der Verhängung einer sofortigen Strafe, die Anfertigung von drei „Atlassen Röck“, das Tragen der Goldkette und des „andern Halßgeschmuck und armbentl“ lediglich der „feilbraune“ Rock wurde als Hochzeitskleid zugestanden. Schließlich meinten die Stadtväter dieser Zeit, daß eigentlich schon die Vormünder der Egrerin solche Hoffart nicht gestatten hätten sollen und daß das Tragen solcher Kleider bei höheren Standespersonen allerlei Nachrede ergeben hätte, wodurch auch dem Rate 110 und der Bürgerschaft nicht geringe „beschwer“ entstanden wäre. Auch die Virpeckhin war zu ihrer Hochzeit im Jahre 1585 mit „vbriger Hof¬ fart“ bekleidet, weshalb sie „billich“ bestraft wurde.! Mit dem Regierungsantritte Rudolfs II., römischen Kaisers, Königs von Un¬ garn und Böhmen sowie regierenden Erzherzoges von Österreich, war die tolerante Politik in Religionsangelegenheiten zu Ende gegangen. In den Jahren 1577 und 1578 erließ Rudolf, im Einvernehmen mit dem Bi¬ schofevon Passau, Reformationsedikte, denen fast kein Gehorsam geleistet wurde. Ein Erzwingen war nicht möglich, da die Anhänger Luthers schon zu mächtig 112 waren. Im Juli 1578 wurden die Stände des Landes ob der Enns zur Erbhuldigung nachEnns befohlen. Die städtischen Truppen Oberösterreichs waren in einer Stärke von905 Mann ausgerückt, von denen Steyr 360 Mann, in zwei Fähnlein geteilt, stellte. Als Oberster des gesamten Kontingentes fungierte der Steyrer Ratsherr Da¬ Strasser. 113 niel Beim Landtag, der im März 1589 in Linz stattfand, wurde durch die Abge¬ sandten der Stadt dem anwesenden Erzherzoge Matthias vorgebracht, daß dieser beim Kaiser „wolt verhelfen... die onderthanen bey irer Religion verbleiben Ze¬ 7 114 lassen“ Um die Unregelmäßigkeiten in der Zeitrechnung auszugleichen, ordnete Papst Gregor XIII. durch seine Bulle vom 24. Februar 1582 an, daß man in diesem Jahre nach dem 4. gleich den 15. Oktober zählen solle. Diese Verordnung des Papstes rief in den protestantisch gesinnten Kreisen heftigsten Widerstand hervor. Sie erklärten den neuen Kalender als den des Teufels und forderten besonders die Bauern auf, jenen nicht anzunehmen. Gerade für die Bauern aber bedeutete der Ausfall von zehn Tagen aus dem Kalender, daß die von ihnen aus der Erfahrung gesammelten Bauernregeln für Anbau und Ernte nicht mehr stimmten. Im Bistum Passau, zu dem auch Oberösterreich gehörte, wurde diese Kalenderreform rechtzeitig verlautbart. In Steyr wurde den Herren des evangelischen Ministeriums der neue Kalender mit dem Ersuchen, eventuelle „bedennkhen“ zu äußern, zugestellt. Auch ein kurz darauf ergangener Bescheid des Landeshauptmannes Helfrich von Meggau wegen des neuen Kalenders wurde dem vorgenannten Ministerium ausgehändigt.! Am 18. 11. 1583 berichtete der Rat dem Landeshauptmann, daß das Ministerium die neue Zeitrech¬ nung nicht von der Kanzel verkündigen lassen wolle, was denselben zur Erwiderung veranlaßte, daß er auf der Verlautbarung bestehe.1 108

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