Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1958

Diese erfreuliche Publizität eines Heimathauses und die damit verbundene sichtbare Aktivität gibt uns einen willkommenen Anlaß, das gesamte Thema einmal in seiner Geschlossenheit kurz zu behandeln. Heimathäuser gehören in die Gruppe der Museen. In den Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichts¬ vereine, Band 12, ist ein Vortrag von Universitätsprofessor August Loehr abge¬ druckt. Er betitelt sich: Geschichte und Aufgabe der österreichischen Museen“. Darin werden die Heimathäuser gleichwertig wie die Staatssammlungen behandelt. Sie sind sozusagen die Endpunkte der Entwicklung des musealen Gedankens. Dieser wurde zuerst auf der Ebene der Dynastie und der res publica entwickelt. Die Schatz¬ kammer eines Herrscherhauses und die Schatzkammer eines Reiches wurden nach Aufkommen des historischen Denkens wissenschaftlich geordnet und beaufsichtigt. Von dieser Stufe erfolgte der nächste Schritt zu den Landesmuseen. Damit ind wir eigentlich schon auf der Ebene der Heimathäuser angelangt. Denn hier gilt nicht mehr der Schatzgedanke, sondern die Zielsetzung, das Bild eines Landes in seinen Wesenszügen darzustellen. So ist auch die Geschichte von Landesmuseen oft sehr verwandt der Geschichte von kleineren Heimathäusern. Das oberösterreichische Landesmuseum ist die Gründung eines Vereines, des Vereines Museum Francisco¬ Carolinum. In Salzburg war es das „vaterländische Museum Carolino=Augu¬ steum". Es war vereinsmäßig aufgebaut. Die Tendenz aller dieser Häuser istes bis zum heutigen Tage, die Besonderheit, den Charakter eines Landes darzustellen in historischer und in aktueller Sicht. Mit dieser Aufgabenstellung ist auch der Wir¬ kungsbereich von Heimathäusern umschrieben. Es wäre ein schlechter Weg für sie — leider wurde er früher oft begangen und wird manchmal auch heute noch nicht vermieden — wollten sie untergeordnete Schatzkammern und Kuriositätensammlun¬ gen im Kleinen sein, also sozusagen das Strandgut des Sammelns, das in den großen Museen nicht mehr unterkommt, zusammenhamstern. Am richtigen Weg der Entwicklung sind sie, wenn sie ausschließlich die historische und gegenwärtige Be¬ sonderheit ihres Heimatortes oder ihrer engeren Heimatlandschaft darstellen wollen Untrennbar sind naturgemäß die Heimathäuser in ihrer Entstehung mit der Entwicklung der Heimatbewegung verbunden. Das gilt für die Landesmuseen in gleicher Weise. Denken wir nur an das im vorigen Jahrhundert so gern gebrauchte Eigenschaftswort „vaterländisch“. Der Urgrund eines solchen Hauses ist die selbst¬ lose Liebe zur Heimat. Will es jedoch in unserer Zeit bestehen und etwas bedeuten, wird es sich von dieser romantischen Einstellung in manchem freimachen und sich mehr der wissenschaftlichen Sachlichkeit zuwenden müssen. Auch diese Forderung ist nichts Besonderes. Sie gilt schon lange zum Beispiel bei der historischen Heimat¬ kunde, in der sich der liebevolle Dilletantismus zur fachlichen Universitäts= und Institutsarbeit entwickelt hat. Die Heimathäuser konnten in Oberösterreich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkriege vielfach gewaltige Schritte nach vorwärts machen. Teilweise entstanden sie neu, teilweise wurden sie grundlegend neu orientiert. Weitgehend kommen sie der Forderung nach, ein spezifisches Gesicht zu entwickeln. Beginnen wir im Städte¬ viereck des Landes! Neben dem oberösterreichischen Landesmuseum in der Museumstraße, von dem schon kurz die Rede war und das mit der geplanten Einbeziehung des Linzer Schlosses in sein Raumprogramm vor einer bedeutenden Weiterentwicklung steht, reihen sich hier an Enns, Steyr und Wels. Das Stadtmuseum Enns dient zwei Aufgaben. Es möchte die reiche bürgerliche Vergangenheit der Stadt darstellen. Vor allem aber befindet sich hier eine vorzügliche Römersammlung, die aus den lau¬ fenden Ausgrabungen in Lauriacum nach und nach sich angesammelt hat. Diese Römerfunde geben dem Hause seine Bedeutung und Besonderheit. Sie werden der¬ zeit von einer Fachkraft wissenschaftlich bearbeitet und eingehend katalogisiert. Enns wird dadurch einen festen Platz in der Limesforschung gewinnen. Auch Steyr will in seinem Heimathaus seine reiche wirtschaftliche und bürgerliche Vergangenheit zeigen. Wesentlich aber ist auch hier die nach dem Kriege begonnene Spezialisierung zu einem Eisenmuseum. In langjähriger Arbeit, die sehr viel echte Heimatliebe 91

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