einem Schreiben des Bischofs von Passau an den Abt von Garsten vom 31. Oktober 1743 ersehen wir, daß die religiösen Kenntnisse der Schüler ziemlich mangelhaft waren. Vor allem bei den Knaben habe der Kirchenfürst anläßlich seiner letzten Visitation „viele Unwissenheit in Glaubenssachen“ feststellen müssen.!*) Im Jahre 1768 berichteten die Schulinspektoren Schreiber und Schreiner dem Rat, daß die „Geistlichkeit immer ein ganzes Jahr nicht in die Schulen visitieren komme“. Dar¬ aufhin erhielten die beiden Inspektoren aus der Stadtkasse 10 Gulden zum Ankauf von Bildchen, die sie beim Besuch der Schulen an die Kinder zu verteilen hatten, damit den Schülern „besonderer Lust und Eifer zu Christlichen Tugenden und An¬ dacht eingefleßet werden möchte“. Die Schulaufsichtsorgane mußten nun auch ein¬ mal im Monat mit einem „geistlichen Herren“ die Schulvisitation durchführen.: Der im folgenden Jahre vom Passauer Fürstbischof vorgenommene Visitations¬ besuch in Steyr war daher keinesfalls eine nur zufällige Angelegenheit. Er erfolgte, wie anzunehmen ist, im Hinblick auf die damals herrschenden unzulänglichen Schul¬ verhältnisse. 105 Leider sind die Schulordnungen, die in den Quellen mehrmals Erwähnung finden, nicht mehr vorhanden. Ein tieferer Einblick in die damaligen Schulzustände ist daher nicht möglich. Nur aus einzelnen Hinweisen kann man feststellen, daß sich der Unterricht auf die religiös=sittliche Erziehung und auf die Vermittlung der 106 notwendigsten Kenntnisse aus Lesen, Schreiben und Rechnen beschränkte. Die Unterweisung der Schüler in der „Christlichen Lehre“ lag in den Händen der Schulmeister. Zur Hebung des Religionsunterrichtes wurden den Schülern Leihbücher zur Verfügung gestellt. Im Jahre 1656 übergab der Rektor der Jesuiten, Pater Albert Wilpenhofer, dem Magistrat für die deutschen Schulen etliche Bücher im Werte von 12 Reichstalern.107) Im 18. Jahrhundert wurden alle etwa noch vorhandenen unkatholischen Schriften eingezogen. 1715 ordnete die kaiserliche Religions=Reformations=Kommis¬ sion an, daß diese Bücher der Geistlichkeit abzuliefern und dafür katholische Schrif¬ ten anzuschaffen sind. Ein ähnlicher Auftrag erging 1737 vom Landeshauptmann an die Schulinspektoren. Sie hatten bei den Buchdruckern und Buchbindern nach „Namen=Büchlein“ und Katechismen zu fahnden und ein Exemplar zur Bericht¬ erstattung mitzunehmen. ls Außerhalb der Schule wurde die religiöse Erziehung durch kirchliche Veran¬ staltungen gefördert. Die Jugend nahm teil an den „Ignati= oder Kinderprozessio¬ nen“ der Jesuiten sowie an den übrigen althergebrachten Prozessionen und an den zahlreichen Bitt= und Dankandachten.) In den Jahren 1679 bis 1681 erhielten die Schüler der deutschen Schulen für ihre Teilnahme am Rosenkranzgebet, das jeden Dienstag während des Hochamtes in der Stadtpfarrkirche verrichtet wurde, damit die Stadt von der Pest verschont bleibe, jedesmal ein Pfennig=Kipfel.10 Auch in der Zeit der Türkengefahr (1683) mußten die Lehrer ihre Schüler jeden Erchtag um 9 Uhr zum Rosenkranzgebet in die Pfarrkirche führen.!) Zu Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756) wurde zur Abwendung der Kriegsgefahr ange¬ ordnet, in den Schulen und Spitälern fünf Vaterunser und Ave Maria zu beten.1 Über die methodische Gestaltung des Lese=, Schreib= und Rechenunterrichtes enthalten die Archivalien keine bemerkenswerten Hinweise. 1688 erfahren wir, daß den Schulmeistern „wegen des korrekten Buchstabierens“ besondere Namen=Büchl empfohlen wurden.13 Zur Förderung des Rechenunterrichtes schrieb schon im 16. Jahrhundert der Steyrer Schul= und Rechenmeister Kaspar Thierfelder ein arithmetisches Lehr¬ buch.!) Im 17. Jahrhundert verehrten Kaspar Fankhler, Sollizitator und Rechen¬ meister in Linz (1667), Stephan Brandl, Schulmeister an der Schule am Berg (1670), Georg Konstantin Gschwandtner, Stadtkanzlei=Expeditor in Linz (1673) und der Schulmeister Wolf Goldenstainer (1678) dem Rate zu Steyr die von ihnen verfaßten Rechenbücher. 115) 79
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