Es fahlt der Wald Von M. Schedlberger=Durnwalder, Steyr In vielen, vielen Farben fahlt der Wald. Es ist Licht und Schatten in allen rembrandtschen Farben und Tönen gemischt. Am frühen Morgen ist die Natur noch nebelverhangen, schemenhaft tauchen Baum und Strauch aus den feinen Schleiern. Am Waldweg liegen wie bunte Flicken viele der gefallenen Blätter und in die Stille rieselt es leise mahnend, vom Vergehen, vom Sterben. Bald aber zerreißt der Nebel, sieghaft dringt die Sonne durch und in das Laubwerk fallen zarte Tropfen, Tränen gleich, aus den Augen einer schönen, traurigen Frau. Mit fast unhörbar huschenden Pfötchen, leicht und geschmeidig, springt ver¬ spielt ein Eichhörnchen von Stamm zu Stamm. Breit und schirmend stehen die alten Eichen und Buchen, von denen, lichthungrig, mancher Baum schräg nach vorne strebte, aus der Reihe heraus. Der Saatkrähen heiserer Schrei dringt an das Ohr, die Stimmung mit Schwe¬ re zu untermalen, aber, auch den Blick auf die offene, freie Seite ziehend. Dort liegt, soweit das Auge reicht, weites, fruchtbares, umgeackertes Land, durch das der friedliche Pflug seine Furchen zog. Geheiligte Saat war der Erde anvertraut worden, zu kurzem Schlaf und frohem Neuerstehen. Über allem goldet die Herbstsonne, streichelnd, wärmend und verklärend. Noch ist es schön, ist Frühling der Alten und der Bergwanderer beste Zeit, mit weiter, klarer Fernsicht. Da wir alle Wanderer sind, zwischen Zeit und Raum, leiden wir immer an einem Heimweh, an einem Fernweh. Wir wandern damit in den lachenden Früh¬ ling, in den laubdunklen Sommer, in den leuchtenden Herbst. Noch brennt der Wald, des Lebens steile Fackel loht und schön und lieblich ist die Natur, auch, wenn es bald zu schneien beginnen kann und der Winter seinen Einzug hält. LEBENS-GESTALTUNG Von L. Wirth, Steyr Dem größten Forscher ist es, nicht gegeben Den Schleier von der Zukunft wegzuheben; Das ist kein Mensch auf Erden je imstand. Was böte sonst das Leben noch an Reizen, Wollt' es mit ungelösten Rätseln geizen? Die Zukunft bleibt ein unerforschtes Land. Dem Menschen aber gab ein göttlich Walten Die Kraft, sich seine Zukunft zu gestalten, Die er in bunten Träumen kühn erbaut. Ob er die Gnade sich auch dienstbar mache, Ist samt und sonders seine eigne Sache; Wohl dem, der seiner innren Kraft vertraut. Ihm braucht auch vor der Zukunft nie zu bangen Und sei sie noch so schleierdicht verhangen Wenn nur die Gegenwart ihn froh entläßt. Denn wie für jede Zeit wir Glück uns schufen, So bau'n wir uns für Künftiges auch Stufen Zum Lebensglück. Dann wird's ein Erntefest! 69
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