Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1958

36 hinzu. „Aber ich kann dich nicht mitnehmen, ich komm' ja auch sehr bald zurück.“ Das Mädchen ließ die Arme sinken. „Es ist recht, Papa, laß es dir gut gehn.“ Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, fühlte sich der Professor erleich¬ tert. Er hatte gesagt, er werde verreisen und nun mußte es auch geschehen. Noch nie hatte er einen Entschluß rückgängig gemacht. Er kleidete sich in seinem Schlafzimmer um und fand im Schrank einen alten, abgetragenen Lodenmantel, den er früher für Bergpartien benützt hatte. Obgleich er nicht wußte, wohin er reisen wollte, schien ihm dieser ganz unrepräsentable Mantel das geeignete Kleidungsstück für sein Unternehmen. Er nahm auch kein Auto, sondern ging zur Bahn. Einmal erinnerte er sich, daß er vergessen hatte, sich von seiner Frau zu verabschieden, aber dieser Gedanke fiel sogleich von ihm ab. Während er durch den Park ging, wo die Tauben im Staub badeten, be¬ mächtigte sich seiner eine leise Erregung. Er fuhr mit der Hand über die Stirn, als gäbe es da noch einen ungebändig¬ ten Schopf zurückzustreichen, und spürte mit Verwirrung die kahlen Schläfen un¬ ter den Händen. Als ganz junger Mensch hatte er manchmal nachts geträumt, später war sein Schlaf traumlos geworden. An die Träume seiner Jünglingszeit erinnerte er sich plötzlich deutlich. Wie in ihnen schritt er durch eine unfaßbar veränderte Stadt. Am Bahnhof löste er ein Billet dritter Klasse nach jener winzigen Station, die plötzlich in riesigen Lettern vor seinen Augen stand. 7 Während er durch das fliegenbeschmutzte Fenster des Abteils blickte auf die weidenden Rinder und Pferde auf den halbabgegrasten Wiesen, wuchs seine Er¬ regung zu einer prickelnden Sehnsucht an. Er fühlte, wie sich der Eisklumpen in seinem Leib bewegte und mußte ein paarmal schlucken. Natürlich wußte er, daß er einer kindischen Anwandlung nachgegeben hatte. Seit seinem zwölften Jahr hatte er sein Elternhaus nicht gesehen. Längst gehörte es fremden Leuten. Nachdem er den Zug verlassen hatte, schienen ihm das Stationshäuschen, die Bäume, ja selbst das Gebirge viel kleiner als er alles in Erinnerung hatte. Aber schon nach wenigen Minuten hatte er sich daran gewöhnt und die Gegend unter¬ schied sich in keiner Weise mehr von jener alten vergessenen Landschaft, die in ihm geschlafen hatte, um plötzlich aufzustehen und ihn an sich zu ziehen mit allen Grä¬ sern, Bäumen und Bächen. Er erkannte jedes Gehöft am Weg wieder und die Namen aller Kinder fielen ihm ein, die mit ihm die Schule besucht hatten. Was mochte aus ihnen geworden sein? Damals waren sie alle gleichartig gewesen wie Geschwister, alle sonnenver¬ brannt, mit struppigem Haar und niemals sauberen Händen und Füßen. Heute mochten sie grauhaarig oder kahl sein wie er, aber ihre Hände waren gewiß braun und hart wie Horn. SICHER, BILLIG UND BEQUEM MACHEN SIE IHRE URLAUBSFAHRT MIT DEN REISEOMNIBUSSEN DER STADTISCHEN UNTERNEHMUNGEN. UN¬ VERBINDLICHE BERATUNG IM REISEBURO STEYR, KIRCHENGASSE Nr. 1. Telephon - Nr. 23 71, 2372

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2