Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1958

Besonders wurde auch auf die Einhaltung der Preise und Gewichte der Lebens¬ mittel geachtet. Am 13. 3. 1570 wurde vom Rate eine „Bäckerschupfen“ bestellt. Diese war ein Käfig aus Eisenbändern, in welchem ein Mensch in kauernder Stel¬ lung Platz fand. Straffällige Bäcker wurden in den Käfig gezwängt und, zur Unter¬ haltung der Zuschauer, in diesem mehrmals in die Enns getaucht. Nach dieser Pro¬ zedur mußte der Bestrafte in den nassen Kleidern nach Hause gehen. Als erster er¬ litt diese Strafe in Steyr der Bäckermeister Gillig Prill. Bei einer Brotbeschau wurde einer seiner „Zwei Khreuzer Laib um 11 lott zw gering“ befunden. Schon bei früheren Kontrollen waren seine Semmeln „Zwayerlay gering und schwerer“ und als nicht gekennzeichnet festgestellt worden. Bis zur Fertigstellung und Aufrichtung der „Bäckerschupfen“ wurde Prill in den Turm gesetzt.!) In der Ratssitzung vom 1. 9. 1570 berichtete Bürgermeister Pischinger, daß „man sich auch bey dem Salz¬ wesen zw Gmunden“ mit Getreide versorge und der Fürkauf durch den Grymüllner und gewisse Bauern erfolge. Überdies forderten die „Herrn aufm Lanndt“ das ihren Untertanen in der größten Notzeit geliehene Getreide zurück, außerdem würden sie alles Getreide der Untertanen aufkaufen. Diese Handlungsweise habe zur Folge, daß künftig kein Getreide auf den Steyrer Wochenmarkt kommen werde und eine „An¬ sechliche Teurung“ entstehen würde.!) Zur Verhütung einer Lebensmittelnot in der Stadt schlug der Bürgermeister vor, wegen Getreides mit der Herrschaft Wolcken¬ storff und an anderen Orten zu verhandeln.!) Am 4. 11. 1570 trug Pischinger dem Rate vor, daß er anläßlich einer Landtagssitzung in Linz vom St. Florianer Propste Weizen und Korn für die Stadt gekauft habe, von dem ein Teil in Mauthausen und der andere in St. Florian lagerte.1) Die Teuerung veranlaßte auch die städtischen Lohnempfänger, um Aufbesserung ihrer Besoldung anzusuchen. Pankraz Löschenprandt, dem die Heizung der Rats¬ stuben und das Richten der Ratsuhr übertragen war, verlangte, ihm „ein merers als die vorher gereichten 6 Gulden“ geben zu lassen.1) Magister Johannes Schreier“), ebenso wie der Torhüter des Steyrer Tores David Nottinger“), unter anderen,) forderten eine Erhöhung ihrer Einkünfte. Dem Pfarrer Wolffgang Pre¬ merk?) wurden, wegen der „schweren Teuren Zeiten“ vom Rate 20 Gulden geliehen Da die Pest ihre furchtbare Geißel seit 1569 über die Stadt schwang,?) erließ der Rat am 26. 6. 1570 eine erste Verfügung, um die Verbreitung der Infektions¬ krankheiten einzudämmen. Nach Ansicht des Rates waren die Herde für diese Krankheiten besonders in den Pfarren Haag, Weistrach, Ernsthofen und Haiders¬ hofen zu suchen. Den Untertanen dieser Orte wurde mit sofortiger Wirksamkeit ver¬ boten, den Wochenmarkt in Steyr zu besuchen oder sonst die Stadt zu betreten. Damit jedoch die Steyrer Bürger durch diese Maßnahme nicht Mangel an Vik¬ tualien erleiden würden, sollten die Bewohner der vorerwähnten Orte ihre Waren „bey dem Creüz auf der Ennsleuthen“ feilbieten. Außerdem verfügte der Rat, innerhalb des Burgfriedes Schweine und „allandere onsauberkhait“ abzuschaffen und in den Häusern gute Ordnung zu halten.? Am 1. 9. 1570 berichtete der Bürgermeister im Rate, daß er als weitere Ma߬ nahme gegen die Infektionskrankheiten die Leichentransporte durch die Stadt nach Garsten „in Jeziger gefärlicher Zeit“ eingestellt habe, was dem Rat „ganz woll gefiel; zusätzlich wurde von diesem eine „Steüffe Hanndthabung Zethuen“ ver¬ ordnet.2) Schließlich erließ der Rat im Beisein des Bürgermeisters, Richters und Pfar¬ rers am 15. 9. 1570 nachfolgende Artikel zur Eindämmung der Seuche, die „be¬ 9) — 10) R. P. 1570, S. 261. R.P. 1570, S. 59. 11) — 12) R. P. 1570, S. 59. R. P. 1570, S. 57. 13 — 14) R.P. 1570, S. 284. R.P. 1570, S. 248. — 1) R.P. 1570, S. 7. 16) — 17) R.P. 1570, S. 81. R.P. 1570, S. 178. 18) R. P. 1570, S. 177, 179. — 19) R.P. 1570, S. 178. 20) L.V. 1, S. 283, 284, 285. — 21) R.P. 1570, S. 173, 174. 22) R.P. 1570, S. 246. 115

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