Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1958

immer gibt, sich die gespannte Situation zunutze machen, gegen das Rathaus hetzen, die Bürger aufwiegeln wer wußte, was sich aus diesem lächerlichen Absagebrief noch alles entwickeln konnte. Stadtväter brauchen Ruhe für ihre Arbeit, daher konnte es nur eine Parole geben: Sofort hohen und höchsten Ortes Maßnahmen gegen die Ruhestörer zu er¬ wirken. Jörg von Vorbach, der gute Freund, hatte recht, Anzeige beim Landes¬ hauptmann und verschärfte Wachsamkeit für Stadt und Bürger anzuraten; dafür mußte unverzüglich gesorgt werden. So ungern die Städte es auch sahen, wenn Landeshauptleute sich zu sehr für ihre Geschäfte interessierten, so fanden sie doch stets pfeilgerade den Weg ins Haupt¬ quartier ihrer Landesherren, wenn sie von ihnen etwas brauchten. Alsogleich verfaßte auch der „willig und beflissen“ Rat von Steyr nach eingehender Beratung am fol¬ genden Freitag einen Brief an seinen Herrn, den „wohledlen und gestrengen Herrn Wolfgangen Jörger zu Toledt, Landeshauptmann in Österreich ob der Enns“ Darin schilderte er die neueste Unbill, die Steyrs Bürger bedrohte, legte eine Ab¬ schrift der Absage bei und schickte Wolfgang Kriechbaum mit dem Schreiben auf den Weg, erstens um es in sicheren Händen zu wissen, zweitens damit eventuelle Fragen des Landeshauptmanns prompt beantwortet werden konnten und drittens, weil man Briefe nie allein zu Amtern reisen lassen sollte, da sie sich manchmal ver¬ irren und liegenbleiben. Wolfgang Kriechbaum war ein tüchtiger Sendbote. Am Freitag nach Sankt¬ Colomans=Tag (13. Oktober) schrieb er seinen Stadtvätern, daß er beim Regiment in Wien erfahren habe, der Landeshauptmann sei zum Landtag „hin auf zogn also in Linz. Daraufhin habe er seine Sache dem Kanzler vorgetragen und ihn um seine Fürsprache beim Kaiser gebeten. Der Kanzler veranlasse nun, daß an alle Personen geschrieben werde, die in der Angelegenheit etwas tun können. Gut wäre es halt, meint Kriechbaum, wenn Jörg von Vorbach auch nach Wien herunter¬ käme, aber es würde schon auch so gehen. Es ging auch wirklich wie am Schnürchen. Am 16. Oktober wurde vom Kanz¬ ler der versprochene Bericht an den Kaiser verfaßt (eine Abschrift davon ging nach Steyr) und die getroffenen Verfügungen zur Billigung vorgelegt. Die Personen, welche die Absage geschrieben hatten, sollten vom Pfleger zu der Freinstatt ausge¬ kundschaftet und als „Friedensbrecher wider den aufgerichten Vertrag“ angeklagt werden. Georg von Vorbach war am Donnerstag nach St.=Colomans=Tag in diesem Sinne verständigt worden und er wurde gebeten, von seinen Bemühungen umgehend zu berichten. Landeshauptmann Wolfgang Jörger, der bisher von der Sache auf amtlichem Wege noch nichts erfahren hatte, aber sicherlich in Linz durch umlaufende Gerüchte informiert worden war, wurde am 19. Oktober schriftlich verständigt, und es wurde ihm nahegelegt, sich mit dem Burggrafen von Prag, Herrn Zdenko von Rosenthal, ins Einvernehmen zu setzen. Damit die Botschaft sicherer in dessen Hände gelange, solle sie mit einem kaiserlichen Credenzschreiben gesandt werden. Ohne die Sache zu verzögern, setzte sich Wolf Jörger sofort nach Erhalt der Botschaft aus der kaiser¬ lichen Kanzlei hin und schrieb am Freitag, dem St.=Simons=und=Judas=Tag (dem 28. Oktober), an seinen lieben Freund, den Burggrafen von Prag, Zdenko von Rosenthal, was man in der leidigen Absageangelegenheit zu tun hätte. Leider kenne man die friedensbrecherischen Personen nicht, doch nehme man an, sie seien Böh¬ men. Warum? Leicht zu beantworten: Der Brief fand sich am Böhmertor in Frei¬ stadt, ist unterschrieben von Polack, Kosel — und verstecke sich nicht hinter dem Mert Maxnier der Sohn Prandtstetters, der mit seinen Freunden nach Böhmen geflohen sei? (Preuenhuber meint in seiner Chronik, Prandtstetter und seine Freunde mü߬ ten Böhmen gewesen sein, weil sie den Rat zum Fenster hinauswerfen wollten diese Methode sei ja nur in Böhmen üblich!) Ob man diese Absager nun fange oder nicht, eines müsse auf jeden Fall festgestellt werden, meint der Landeshaupt¬ mann ob der Enns: Die Erbeinigung zwischen Böhmen und Österreich weise unter anderen guten Artikeln auch den des Absageverbotes von einem Land zum anderen 97 4

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