Mord und Brand zu, eine Kriegserklärung, die nicht nur dem Steyrer Rathaus, sondern allen Bürgern der Stadt galt. Diese leitete unverzüglich alle nötigen Schutz¬ maßnahmen in die Wege. Der Schwur der Urfehde war gebrochen, die Drohung des Absagebriefes ein offener Friedensbruch und damit war auch schon das Urteil gesprochen: „einnemen unnd abschaffen“. Der Rat der Stadt sandte zwei seiner Mitglieder mit einem Bericht nach Wien zum Regiment mit der Bitte, sich der Sache anzunehmen, was denn auch nach „Aufwendung viler unkosten“ geschah. Der Burggraf von Prag und Verweser Böhmens wurde verständigt und um Hilfe bei der Auffindung Prandtstetters ge¬ beten. „Also halte ich wohl dafür“ so meint der Chronist, „Prandtstetter sey hier¬ auf eines Kopffs kürtzer gemacht worden.“ Damit schien die Sache erledigt zu sein. Die aufgeregten Gemüter beruhigten sich und das Tagesgespräch drehte sich nicht mehr um Urfehde, Absag und Landfriedensbruch, sondern kehrte zurück zu den Problemen des Korn= und Fleischpreises, zu dem Dieb, der am Galgen vor den Toren der Stadt baumelte, und zu den Wetterprophezeiungen, die eine langanhal¬ tende Dürre verhießen. Aber selbst über den Tod hinaus gab Ulrich Prandtstetter dem Rat von Steyr keine Ruhe. Spät am Abend des Samstags nach St.=Michaels=Tag (29. Septem¬ ber) 1517 platzte ein Bote ins Rathaus mit einem Brief des Pflegers von Frei¬ stadt (zu der Freinstatt) Georg von Vorbach, worinnen dieser dem „Fürsichtig ersamen unnd weysen Burgermayster, Richter und Rat der stat steir“ folgendes mitteilt: Am Freitag, als der Stadtrichter das Tor der Stadtbrücke aufsperrte, fand er dort einen Brief eingesteckt, der an Jörg von Vorbach und die Stadt Steyr ge¬ richtet war und eine Absage auf Mord und Brand enthielt. Der Pfleger war höchst unangenehm überrascht von diesen neuerlichen Scherereien, erkundigte sich bei den Steyrern, ob die Anschuldigung, sie hätten den Utz Prandtstetter ermorden lassen, wahr sei, vergaß aber nicht seinen Freund, den Stadtrichter Michel Kernstock von Steyr, zur Vorsicht auf seiner Kirchfahrt zu ermahnen. Eine Abschrift des Absage¬ briefes legte der Pfleger seinem Schreiben bei und meinte, es wäre gut, die Sache dem Regiment und dem Burggrafen von Prag anzuzeigen, denn ihren Unter¬ schriften nach seien die Absager sicher Böhmen. Das nun brauchte man den Steyrern nicht lange zu sagen, was sie mit einem Absagebrief zu tun hätten, sie kannten ihren Weg schon. Vorerst aber las man genau, was darinnen stand: Rache für Ulrich Prandtstetter! „Ich mert maxnier (meixner?), ich verkündt mit dem brief. .. und sagen euch ab auf eur Leib und guot vor mich und vor meine helffern und aus der ursach das Ir habt lassen meinen freundt dermorden den Ulrich Prandtstet¬ ter . .. das Ir habt an Im tan als die erlosen verrater. . . damit wist Ir das Ich euch Prennen und morden wil ... Datum in ain grien walt — wir wern bein euch sein palt. Unterschriften: Mert Maxnier, Vatzlaff Polakh, Matiash Kosel. Niemand kannte diese Namen, man vermutete sofort, daß sie falsch wären (was sich später auch als richtig herausstellte) und sich dahinter wahrscheinlich der Sohn Prandtstetters und seine Freunde verbargen. Preuenhuber erwähnt, daß die¬ ser Sohn Pr's früher in Spanien gewesen, später aber als Straßenräuber in Böhmen und Österreich herumvagabundiert sei. Eigentlich lächerlich, daß so ein Vagabund die reiche Stadt Steyr bedrohen sollte, aber wußte man denn, wie groß sein Anhang war und was sie vor hatten? Häuser brannten leicht zu dieser Zeit nicht selten wurden ganze Stadtteile ein Raub der Flammen. Die Chronik berichtet über den Stadtbrand des Jahres 1522, daß seine Flammen den Neubau der Stadt¬ pfarrkirche, den Pfarrhof, das Predigerkloster, 2 Stadttore, 2 Basteien, 5 Stadt¬ türme, einen Teil der Stadtwehren und 55 Häuser der Stadt vernichteten! Und der Absagebrief drohte mit Mord und Brand! Jede Gefahr, und diese ganz besonders, mußte Unruhe unter der Bürgerschaft auslösen, da sie wie ein Damoklesschwert über den Köpfen baumelte. Wie leicht konnten Unzufriedene, die es ja schließlich 96
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