Hans Winkler Der aus dem Wiedertäuferprozeß!) im Jahre 1527 als milder Richter be¬ kannte Ratsherr Hans Winkler war ausersehen, durch ein Jahrzehnt (1537 bis 1538, 1543—1544, 1547—1552) an der Spitze der Stadt zu stehen.“ Nach den Kriegswirren des vergangenen Jahrhunderts nahmen in der Stadt wieder Handel und Gewerbe einen bedeutenden Aufschwung. Vor allem war es das Messererhandwerk in Steyrdorf, dem der Raum innerhalb der Stadtmauern zu enge wurde. 1543 und 1544 fing man an, auf den an Steyrdorf angrenzenden Fel¬ dern des Wieshofes und des Stadelhofes Werkstätten und Häuser zu erbauen, in denen sich vorerst die Messerer und später auch andere Handwerker niederließen.s Schon im zweiten Jahre seiner Amtstätigkeit ließ Winkler das Rathaus von Grund auf restaurieren und dessen Platzfront fast zur Gänze neu aufführen.*) In der Zeit vom 1. bis 20. September 1547 fand in der Stadt eine Zusammenkunft des NO. Landesausschusses statt, die von Vertretern der Stände Niederösterreichs, Oberösterreichs Steiermarks, Kärntens und Krains besucht wurde. Die Versam¬ melten beschlossen, aus ihrer Mitte Gesandte an den in Augsburg tagenden Reichs¬ tag zu schicken und vom Kaiser und den Reichsständen Hilfe und Beistand wider die Türken, vor allem aber Gewährung des Abendmahles in beiden Gestalten zu erbitten. Auf der Tagung wurde auch die furchtbare Heuschreckenplage, die im Land wütete, besprochen. Die krainischen Gesandten Hauß von Lamberg und Hauß Weichßlberger schilderten in bewegten. Worten, daß in ihrem Lande der Heu¬ schreckenzug mit Sausen, Rauschen, und Prausen, fürchterlich und schreck¬ lich . . .“ dahergezogen sei und daß diese Tiere „ . .. nicht anderst als ein Kriegs¬ Heer nächtlicher weil ins Land geflogen sein; darob der gemeine Mann also er¬ schrocken, daß sie es anfangs für ein Türkisch Heer gehalten ...“.5 Steyr scheint in dieser Zeit der Lehre Luthers schon Tür und Tor geöffnet zu haben, denn vor der Abreise zum Reichstag ließ der Delegierte und Burggraf Hannß Hoffmann durch den Bürgermeister, den Stadtrichter Hans Straßer und den Ratsherrn Hans Schwabe dem Rate mitteilen, daß die Stadt Steyr vor allen anderen Städten und Ländern am königlichen Hofe berüchtigt sei, weil sie den königlichen Generalien und Befehlen, die Kirchenordnung und das Fleischessen an gebotenen Fasttagen einzuhalten, nicht nachkomme, sondern gegen alle Scheu da¬ gegen handle. Der Burggraf warnte vor diesen Übertretungen der königlichen Be¬ fehle und meinte, daß „Ihro Majestät noch mehr beweget und erzürnet würden; Welches gemeiner Stadt, und insonderheit denen Vorstehern, zur groß= und schweh¬ ren Straffe gedeyhen würde.“) Der Rat nahm sich diese Ansicht des Burggrafen nicht sehr zu Herzen, trotzdem zu dieser Zeit die Anhänger Luthers im Schmalkal¬ dischen Bund eine schwere Niederlage im Kampfe gegen den Kaiser erlitten hatten. Hans Winkler war mit Katharina Rottaler, der Witwe des 1519 verstorbenen Besitzers des Schlüsselhofes Kaspar Rottaler, verheiratet.?) Er war Eisenhändler) 1) L.V. 1, S. 238. — 2) L.V. 2, S. 383. 3) L.V. 1, S. 263, 264. Die Erschließung dieser neuen Vorstadt, nach dem Wiesenfeld das Wieserfeld genannt, dauerte bis in das Jahr 1565. Die Abfindung für das Zehent¬ recht des Klosters Garsten in diesem Gebiet erfolgte durch einen Vergleich mit der Stadt im Jahre 1584. 4) L.V. 1, S. 258. Die Ansichten über den ursprünglichen Standpunkt des Rathauses sind geteilt. Eine Richtung vertritt die Meinung, daß das alte Rathaus weiter enns¬ aufwärts als der derzeitige Bau, seinen Standpunkt hatte. Diesen Ansichten kann ent¬ gegengehalten werden, daß alle ennsaufwärts liegenden Häuser alte Anlagen sind, deren heutige Gestalt den Nachweis erbringen läßt, nie als Rathaus gedient zu haben (Turm!). 5) L.V. 1, S. 265, 266. — 6) L.V. 1, S. 267. — 7) L.V. 1, S. 213. 114
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