Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1957

Viel Aufsehen erregten die Predigten des Barfüßermönches Calixtus,“) der 1525, dem Brauche dieser Zeit folgend, daß zur Advents= und Fastenzeit fremde Mönche in der Pfarrkirche predigten, nach Steyr gekommen war. Er fand rasch be¬ geisterte Anhänger durch seine auf den Zeitgeist abgestellten Predigten. Letztere fan¬ den nicht nur beim Magistrat und der Bevölkerung, sondern auch beim Stadtpfarrer Michael Forster große Zustimmung. Statt der damals üblichen Opfergaben, wie zum Beispiel Stiftungen von Jahrestagen, Altären usw., forderte er die Gläubigen auf, einen „gemeinen Kasten“ zu errichten, wie dies auch Luther seinen Anhängern empfahl. Dieses Versorgungshaus wurde tatsächlich von reichen Bürgern gestiftet.! Als Folge der Predigten des Mönches ließ die Opferfreudigkeit der Bevölke¬ rung stark nach. Die Gesellenpriester beklagten sich, daß „wo zuvor an einem Hoch¬ zeitlichen Opffertag 10 oder 12 fl (Gulden) gefallen, jetzo nicht wohl 5 oder 6 Pfennig mehr einkommen“. Es ist sicher, daß Calixtus durch lutherische Lehren beeinflußt war, vielleicht ohne sich dessen bewußt zu sein.!) Im Mai 1525 wurde Dr. Haber, der Beichtvater Erzherzog Ferdinands vom Bürgermeister und dem Rat gebeten, eine weitere Predigterlaubnis für den Mönch bei seinen Ordensoberen zu erreichen. Im folgenden Jahre lehnte der Rat die Ab¬ berufung des Calixtus überhaupt ab und erklärte, daß ein Predigtverbot für diesen im Volke Unruhen hervorrufen würde. Calixtus blieb in Steyr, trotzdem der Pro¬ vinzial seines Ordens keine weitere Genehmigung für sein Verbleiben erteilt hatte. Nun wurde er aufgefordert, beim Administrator der Diözese in Passau zu erscheinen. Bürgermeister und Rat wandten sich jetzt an den Landeshauptmann und an die Verordneten in Linz um Unterstützung in dieser Angelegenheit. Die Linzer Be¬ hörden ihrerseits suchten beim Verwalter des Bistums zu erreichen, daß ein Ver¬ fahren im Lande eingeleitet werde um so dem Mönche Gelegenheit zu einer Stel¬ lungnahme zu geben. Erzherzog Ferdinand schrieb der Stadt, daß er kein Recht habe, in die Rechtssprechung des Passauer Erzbischofs einzugreifen, der Magistrat möge den Mönch bewegen, sich seinen Oberen zu stellen, täte er dies nicht, so möge der Magistrat seine Abschaffung aus Stadt und Land veranlassen. Calixtus reiste hierauf ab. Es scheint, daß er später lutherischer Prediger wurde. Fuchsperger war in erster Ehe mit Barbara Egkenbergin aus Graz vermählt, die 1539 starb.“) Seine zweite Frau war Lucrezia Eckerin von Neuhaus (Bayern , die sich nach dem Tode Fuchspergers neuerlich mit dem späteren Bürgermeister Michael Pfefferl verehelichte. 11) L.V. 1, S. 226 f. 12) L.V. 6, S 11. Der „Gemeine Kasten“ war eine von den Protestanten geschaffene caritative Einrichtung. 13) L.V. 7, S. 23, Fußnote 3. 14) L.V. 1, S. 97. In dem mit seiner ersten Gattin Barbara am 14. 11. 1521 gemeinsam errichteten Testamente (recipr. Donation; St. A. K. XI, L. 14) bedachte er großzügigst Kirchen, Priester, caritative und kirchliche Institutionen. Seinem Bruder Casper Fuchsperger, Bürger in Krems, hinterließ er, neben anderen Sachen, einen Wein¬ garten in Mödling, dem Wiener Schottenstifte einen Weingarten in Gumpoldskirchen. Auch der sonstigen Verwandten wie der Kinder seiner beiden verstorbenen Schwestern Barbara Lippman in Wels und Appolonia N. gedachte er mit Geldbeträgen. Damit das Testament „dester Creftiger ond Stattlicher gehanndthabt geschitzt ond ge¬ schermbt werde so aines vor dem anndern ... mit tod abgaungen ist"... soll der Überlebende den „Erb Regirenden Lanndsfürsten Ain vergolts Silbere Clainhait auff drew marckh und einem Rat zu Steir) ain vergolt Chlainhait, auff vierundzwainzig Lot das sy all Zeit Bey Gemainer Statt) zu ainem trinck¬ geschirr) onns zu gueter gedechtnus behalten sullen und wöllen... überreichen. Im zweiten aus dem Jahre 1540 stammenden Testamente wandte Fuchs¬ perger den kirchlichen Einrichtungen keine Legate zu, vielleicht wegen des „Um¬ bruches“ dieser Jahre (Verbreitung der lutherischen Lehren). 110

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