Die Ortsnamen auf.=hofen sind fraglos jünger als die ing= und heim=Ortsnamen der bairischen Landnahmezeit. Dr. Konrad Schiffmann äußert sich zu dieser Frage: „Auf großen Grundbesitz in einer Hand weisen die seit dem 12. Jahrhundert immer zahlreicher werdenden Namen auf =hofen. Riezler (der bayerische Historiker) be¬ merkt, unter allen in der agilolfingischen Periode beglaubigten bairischen Ortschaften fänden sich nur 6 oder 7 =hova. Im Oberösterreich ist in diesem Zeitraum nur das 70 Fiskalgut (villa publica) Alkhofen, 777 Allinchova, bezeugt. Schiffmann erklärt Mattighofen und Ranshofen für fränkische Fiskal=, Königshöfe. Nach dem Beispiel der Könige errichteten nun auch die großen Grundherrschaften solche Höfe undso treten uns in der Karolingerzeit noch andere Namen auf =hofen entgegen: Aist¬ hofen, Antisenhofen, Aterhofen und Neuhofen an der Krems... Fast alle sind Bauerndörfer geblieben und über die Bedeutung von Marktflecken hat sich keiner erhoben... Der Plural =hofen bezeichnet bei den Herrenhöfen der agilolfingischen und karolingischen Zeit und den großen Meierhöfen der geistlichen und weltlichen Grundherrschaften nach dem Jahre 1000 wahrscheinlich den ganzen dazugehörigen Gebäudekomplex, bei den bäuerlichen Anwesen aber die beliebte Teilung in zwei Höfe, die in den Urbarien meist als curia superior oder inferior, Ober= und Nie¬ der=, Vorder= und Hintermair auftreten.“ (K. Schiffmann, Das Land ob der Enns, 1922, S. 129—130.) Zutreffender schreibt der bayerische Ortsnamenforscher B. Eberl einige Jahre später: „Bei den =hofen findet sich von einem Hereinreichen in die Zeit der deut¬ schen Ursiedlung kaum mehr eine Spur. Sie sind rein Vertreter der älteren Aus¬ bauzeit, die sich gelegentlich auch an den Rodearbeiten der Periode beteiligen. Dem¬ entsprechend lernen wir auch Gründer solcher Höfe kennen, z. B. den Tozi von To¬ zineshofun 794 und die vielfach schon erwähnten Bestimmungswörter solcher Aus¬ bauorte wie in Vilshofen, Isarhofen, Bischofshofen, Zeil=, Zeidelhofen, Nord¬ hofen, Sonthofen usw. Die =hofen bezeichnen zunächst, wohl meist im Zusammen¬ hang des Dorf= oder Weilerverbandes genommen, wie das =hovun (Mehrzahl) nahelegt, wirtschaftliche Einheiten sehr verschiedener Art. Sie können der Name sein für die komplizierte Organisation eines großen Herren= oder Königshofes eben¬ so wie für die Höfe von ein paar Bauernfamilien, wie sie von Anfang an neben¬ einander erstanden oder allmählich durch Teilung wurden.“ (B. Eberl, Die baye¬ rischen Ortsnamen als Grundlage der Siedlungsgeschichte, 1925, S. 82.) Letzteres dürfte auch für Sierninghofen zutreffen. Sierninghofen gehört zu den =hofen=Ortsnamen, die in ihrem Bestimmungs¬ wort einen Fluß= bzw. Bachnamen enthalten wie Aisthofen, Antisenhofen, Isar¬ hofen, Mattighofen, Vilshofen. Der Ortsname besagt: bei den Höfen am Bach Sierning. Eine ethnische Folgerung aus den Bestimmungswörtern dieser Orts¬ namen zu ziehen, ist völlig unzulässig. Sonst müßte man Aisthofen als illyrische, Isarhofen als keltische Gründung erklären. Maßgebend ist das Grundwort =hofen, althochdeutsch =hovun, und dieses spricht in allen Fällen für deutsche Ortsgründung. Man kann also Sierninghofen unmöglich mit den alpenslawischen Arbeiterkolonnen des späten 8. Jahrhunderts in Verbindung bringen. Die Erwägung eines Presse¬ artikels der Tagespost v. 26. 10. 1953, daß es sich um slawische Gräber handeln kön¬ ne, ist daher völlig abwegig. Nach der Aussage der Grabbeigaben ist die Gründung Sierninghofens in das 9. Jahrhundert zu setzen, also in die erste Siedlungsausbau¬ zeit unter Karl dem Großen und Ludwig dem Deutschen. Das Vorhandensein von Skramasaxen und einer Spatha spricht unzweideutig für vollberechtigte Mitglieder der bairischen Stammesgemeinschaft. Denn nur der Vollfreie, der unter der lex Bajuwariorum stand, hatte das Recht zum Waffentragen. Es ist undenkbar, daß slawische Rodungsleute mit Schwertern ausgerüstet waren, die sie als Beigabenins Hals¬ Grab mitbekommen hätten. Neben den Schwertern sprechen auch die färbigen perlen, die Armringe und die Tongefäße für den Bestattungsplatz einer früh¬ deutschen bodenständigen Bevölkerung, nicht minder auch das Vorhandensein von Männer=, Frauen= und Kindergräbern. Das Gräberfeld von Sierninghofen gehört eben zu jenen frühdeutschen Ortsfriedhöfen, wie sie überall dort aufgedeckt werden, 91
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