Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1956

Grab 7 Skelett eines Erwachsenen in Rückenstrecklage, Richtung NW—SO, Tiefe 65 cm. Beigaben: Eisenmesser in der linken Beckengegend; zwei Glas= oder Steinperlen neben den Halswirbeln. Auch dieses Skelett war von großen Steinen umgrenzt. Die Bestattungen erfolgten also ohne Särge in gestreckter Rückenlage, wobei die auch in karolingischer Zeit gebräuchliche West—Ost=Richtung nicht streng ein¬ gehalten wurde. Die Ausstattung der Gräber mit Beigaben ist wie bei den meisten Gräberfeldern der Karolingerzeit nicht mehr so reich wie in der vorhergehenden Merowingerzeit, doch kann man sie auch nicht ärmlich nennen. Das prächtigste Stück unter den Grabbeigaben bildet wohl das zweischneidige Langschwert, die Spatha, in dem wir vielleicht ein Familienschwert erblicken dür¬ fen. Ehe wir auf die Problematik dieses Grabes (6) eingehen, soll das Schwert eingehend beschrieben werden. Es hat eine Gesamtlänge von 93.5 cm; hievon ent¬ fallen auf die Klinge 77 cm. Die Parierstange ist 9.5 cm lang und durch einen Längsgrat profiliert; ihre Höhe beträgt 2.4 cm. Der Griff ist oberhalb der Parier¬ stange 3 cm breit und verschmälert sich nach oben auf 2.1 cm. Der Eisenknauf ist dreieckig und flach, seine Basis ist 8 cm lang, seine Höhe beträgt 4.7 cm. Vom hölzernen Griffbelag ist nur mehr ein 2.5 cm langer Rest am unteren Griffende vorhanden. Die Klingenbreite beträgt unter der Parierstange 5.6 cm. Die gleiche Länge von 93.5 cm besitzt ein Karolingerschwert des 8. Jahr¬ hunderts aus Stäffis am See, Kanton Freiburg, abgebildet bei R. Wegeli, Inven¬ tare der Waffensammlung des Bernischen Historischen Museums in Bern, II. 1929, Tafel I, Nr. 130; der Knauf ist aber nicht aus einem Stück, sondern weist über einem Balken einen dreieckigen Aufsatz auf. Das Schwert aus Stäffis gehört noch einem Typus des 8. Jahrhunderts an. Ein gutes Vergleichsstückzu unserem Sier¬ ninghofner Schwert stellt das Langschwert aus Immenstadt inDithmarschen aus der Zeit um 800 dar, das bei K. Dinklage, Frühdeutsche Volkskultur in Kärnten (1943) auf Tafel 9 abgebildet ist. Es besitzt ebenfalls einenflachen, dreieckigen Knauf. Im Bericht über die Gräbergrabung von Sierninghofen(Jahrbuch des o.=ö. Musealvereines, 98. Bd. 1953, S. 30) wurden die Bestattungen als frühdeutsche Gräber des 9. und 10. Jahrhunderts erklärt. Hinsichtlich des Langschwertes, das aus der Zeit um 800 stammt, darf die Außerung von Elis Behmer angeführt wer¬ den: „Daß alle Gegenstände gleichzeitig in die Erde gelangt sind, ist ja in dieser Hinsicht von geringer Bedeutung. Eine prächtige und kostbare Waffe und ganz be¬ sonders ein Schwert wurde nicht immer der Erde zu derselben Zeit anvertraut, wie sein letzter Besitzer beigesetzt wurde. Es konnte im Gegenteil in der Familie durch mehrere Generationen hin als Erbe vom Vater auf den Sohn übergehen, und wenn schließlich das Familienschwert in die Erde gelangte, konnte es bedeutend älter sein als die übrigen Fundsachen im selben Grabe.“ (Elis Behmer, Das zwei¬ schneidige Schwert der Germanischen Völkerwanderungszeit (1939), S. 9.) Wie wir gehört haben, war das Skelett, an dessen Seite das Schwert lag, auch mit zwei Bronze=Armringen ausgestattet; Armringe werden aber für gewöhnlich nur in Frauengräbern angetroffen. Die anthropologische Untersuchung des Skelettes wird diese Frage wohl klären. Es ist immerhin möglich, daß auch einer Frau das Fami¬ lienschwert ins Grab mitgegeben wurde, sei es nun das ihres Vaters oder ihres Mannes. Was nun die beidenArmringe betrifft, handelt es sich um einen Typus, der bisher in unserem Gebietnur spärlich vertreten war. Vierkantige und rundstabige Armringe mit gestanzten Außenseiten waren aus Hohenberg=Krungl in der Steier¬ mark und aus Pösting im Mühlviertel bekannt. Nunmehr liegen solche auch aus Hainbuch an der Enns noch unveröffentlicht) und aus Sieghartskirchen vor (Her¬ bert Mitscha=Märheim, Das karolingische Gräberfeld von Sieghartskirchen, NO., und seine Bedeutung für die mittelalterliche Siedlungsgeschichte. Archacologia Austriaca, Heft 13 1953), S. 31 und Abb. 6). Dr. Mitscha=Märheim weist auf Parallelen aus demBurgenland und aus Ungarn hin und fügt hinzu: „Im wi¬ 88

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