Der Bauer kam und schaute nach dem Nußhaufen; die zwei Versteckten ver¬ nahmen, wie er die Nüsse aus der Hand niederfallen ließ. Zwei Tage später zur nämlichen Stunde kam die Bäurin und spannte einige Stricke, um die Wasche auf¬ zuhängen. Sohn und Magd mußten in ihrem engen Versteck lange lautlos ver¬ harren. Wahrscheinlich mochte nun einmal der Knecht kommen, um irgendetwas zu suchen, irgendetwas zu tun, und ein anderes Mal die Tochter, um nach der Wäsche zu sehen. Sohn und Magd wagten es nicht mehr, sich auch von diesen stören zu lassen; unter das Dach gingen sie nicht mehr, sie verrichteten chweigend nebeneinander ihre Arbeit. Nur einmal am Brunnen, als sie die AIIEEH Wäsche auswand und er das Pferd d d dd tränkte, sagte die Magd: Iaose 6 „Es ist nur schad, daß der Vater der Bäurin schon im vorigen Jahr ge¬ storben ist. Es wird wieder schneien!“ Die (Oozlesung KARL HEINRICH WAGGERL Die Kunst, Bücher zu schreiben, mag ja eine nicht ganz alltägliche Gabe sein. Aber sie vorzulesen, sollte man eigentlich denen überlassen, die die Bücher kaufen müssen. Darum, weil es ein Unfug ist, daß ein sonst vernünftiger Mensch meilen¬ weit über Land reist, um irgendwo für eine Stunde die Jahrmarktsbude seiner Eitelkeit aufzuschlagen, darum hat Gott dieses wunderliche Geschäft mit sieben Pla¬ gen belegt, zur Abschreckung vielleicht, aber vergeblich. Das Unheil beginnt jedesmal damit, daß man ratlos auf einem fremden Bahn¬ hof steht. Es wurde zwar ein Mädchen zum freundlichen Empfang geschickt, aber man blieb unbeachtet, weil die Jungfer sich nicht vorstellen konnte, daß ein lebender Dichter ganz anders aussieht als der tote, dem die Stadtväter ein Denkmal ge¬ stiftet haben. Manchmal freilich trifft man auch auf einen Mann, der einem plötzlich in den Weg tritt, mit todernstem Gesicht, denn er hat vorher schon zu viele Leute vergeblich angelächelt. Dieser vergrämte Mensch ist aus rätselhaften Gründen immer zugleich der Kassier. Unterwegs entwirft er ein düsteres Bild des kommenden Abends: Zirkusleute seien zugezogen, ein paar Sänger und ein Zauberkünstler. Nicht immer ist der Begleiter so freundlich wie jener, der mir zuletzt begütigend auf den Rücken klopfte und sagte, es sei „auch Musike bestellt“ worden, damit die Leute doch „etwas“ hätten. Seltsam nach alledem, daß immerhin schon Menschen in dem Saal sitzen. Man mustert die Menge beklommen durch den Türspalt, wie David seinen Riesen Go¬ liath, aber jener hatte damals doch wenigstens einen Stein in der Tasche, nicht nur einen Knäuel Papier. Inzwischen ist das Verhängnis längst geschäftig unterwegs, 54
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