aufgebahrt wie es der Brauch verlangte. Der Tote lag drei Tage hindurch Stube gerückt und mit Brettern bedeckt wor¬ Das Bett war in die Mitte der streckte Darauf stand der Sarg, und darin daß es eine hohe Liegestatt war. den, sich vor grauen lodenen Gewande, das er sich der tote Großvater aus, in seinem Hände Zwischen die Finger der wächsenen einem Menschenalter angeschafft hatte. war der Rosenkranz geflochten. Fremde Leute konnten nichtzu dem Gestorbenen kommen, denn auch die Nachbarn waren eingeschneit. Im¬ mer einer der Menschen des Hofes hielt bei dem Toten Wache, aber die anderen feierten deshalb nicht, die Ar¬ beit ging ihren gewöhnlichen Gang, wenn es auch stiller in dem Hause war. Sie dämpften die Geräusche und sprachen um einen Ton leiser, sie grauten sich vor dem Sterben nicht, doch ehrfürchtig und scheu betrachteten sie manchmal mit ein paar schnellen Blicken den Toten. Neben ihm brannte der vielge¬ wundene Wachsstock. Wer am Tage bei ihm saß, schaute durch die Fenster hin¬ aus in den Schneefall, in der Nacht aber war jeder völlig sich selbst über¬ lassen; die Frauen beteten, die Män¬ ner grübelten. Am dritten Tage dann wärees Zeit zum Begräbnis gewesen. Zu anderen Malen wäre der Pfarrer aus dem Tale heraufgekommen oder hätte weiter unten bei einem Wegkreuz gewartet, bis sie den Toten auf dem nie¬ Berglerwagen brachten. Doch in diesem Schnee gab es keine Wege. deren Der Vater vernagelte die Totentruhe seines Vaters, die Bäurin besprengte sie mit Weihwasser, und alle beteten gemeinsam einige Vaterunser. Dann trugen Sohn und Knecht den Sarg auf ihren Schultern durch die niedere Tür aus der Stube. Über die Stiege hinauf mußten sie langsam und vorsichtig gehen. Es war auch nicht leicht, mit dem langen Sarg um die Ecken zu biegen, sie mußten ihn mehrmals halb aufstellen und so weitertragen. Auf dem Dachboden unter den Schindeln stellten sie ihn hin. Hier in der Kälte sollte er warten, bis der Weg in den Friedhof hinab zu gehen war. So blieb der Ahn auch nach seinem Tode noch unter einem Dache mit den Hausleuten; zum Abschied auf immer war ihm noch eine Gnadenfrist gegeben. * Zehn Tage später war Weihnachten. Am Heiligen Abend saßen die Leute vom frühen Nachmittag an in der Stube. Es hatte zu schneien aufgehört, und eine kalte Sonne lag auf dem Schnee; dieStube war schmerzhaft hell davon. Nur langsam kam die Dämmerung; des Feierns ungewohnt, schien es den chen am Hofe, die Zeit wäre stehengeblieben. Men Die Bäurin hatte alles für die Räucherung zurechtgerichtet. Als es dunkel wurde, legte sie die Glut auf die zwei Kehrichtschaufeln und warf die Weihrauch¬ körner hinein. Einer räucherte die Räume, der andere sprengte das Weihwasser mit einem Fichtenzweig aus der Kaffeeschale. Die Tochter und der Knecht sollten es im Stall 51.
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