Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1956

schreibung der Sternbilder verfaßt) sowie Marcus Manilius“ (ein römischer Dichter aus der Zeit des Augustus und des Tiberius, auch er hat ein Lehrgedicht über die Sternbilder geschrieben) und Azophi (eigentlich Adarrhaman Al=Suphi, ein arabischer Astronom, der im 10. Jahrhundert in Bagdad gelebt hat). Das zweite Blatt mit den Sternbildern des südlichen Himmels zeigt links oben das Wappen des bischöflichen Gönners Lang von Wellenberg, rechts oben die Widmung an den Kirchenfürsten, rechts unten das Privileg des Kaisers Maximilian auf ein Nachdrucksverbot von zehn Jahren und die Jahreszahl 1515, links unten aber die Angaben über die Urheberschaft dieser Sternkarte. Abgebildet sind drei Wappen: das des Stabius (Adler und Lorbeerkranz), das Wappen Heinfogels (ein Schwert mit zwei Sternen) und das von Dürer (ein ge¬ öffnetes Tor). Darüber ist zu lesen: Joann. Stabius ordinavit, Conradus Hein¬ fogel stellas posuit, Albertus Dürer imaginibus circumscripsit. Also: Johan¬ nes Stabius gab den Auftrag, Conrad Heinfogel setzte die Sterne ein und Albrecht Dürer zeichnete die Figuren. Die Arbeit des Stabius war ohne Zweifel, daß er die Perspektive und die Gradeinteilung schuf. Konrad Heinfogel, geb. 1470 zu Nürnberg, war ein sehr gebildeter Mann, Mathematiker sowie Astronom und Capellan Kaiser Maximilians. Durch Heinfogel war Stabius auch bekannt mit dem Nürnberger Pfarrer Johann Werner, der ebenfalls großes Wissen in der Astronomie besaß. Über Ersuchen Pfarrer Werners entwarf Stabius auch die Sonnenuhr an der St.=Lorenz=Kirche inNürnberg. Dank der Freundschaft des Johannes Stabius mit Albrecht Dürer sind uns mehrere Porträts des Mannes erhalten. Albrecht Dürer hatte 1510 vom Nürnberger Rat den Auftrag erhalten, für die „Heiligtumskammer“, in der zeitweilig die Reichskleinodien aufbewahrt wur¬ den, zwei überlebensgroße Bildnisse Kaiser Karls des Großen und des Kaisers Sigismund zu malen. Dürer machte hiezu zahlreiche Vorstudien und als Stabius Anfang 1512 in Nürnberg eintraf, gab er dem Bilde Karls des Großen die Züge des kaiserlichen Geschichtsschreibers!). 1513 erschien erstmals ein Werk, das die Abbildungen der sechs Schutzheiligen Österreichs mit Gebetsversen an jeden Heiligen enthielt. Das Gebet an den hei¬ ligen Koloman hat Stabius verfaßt, das Gesicht des Heiligen trägt die Züge des Stabius. Dies geht aus einem Brief hervor, den Niclas Kratzer, Hofastronom in London, am 24. Oktober 1524 an Dürer geschrieben hat: „Ich pit euch, das ir mir des Stabius angesicht welt schicken, das kunderfecht ist in der pilnus sant Kolman geschniden in holtz“ Der Holzschnitt dürfte nicht von Dürer selbst, sondern von Hans Burgkmair oder Springinklee, seinen Schülern, verfertigt worden sein*). Auf Grund der Ahnlichkeit ist auch anzunehmen, daß das Schlußblatt zum „Triumphzug“, das zwei fahnenschwingende Männer sehen läßt, in der linken Figur den kaiserlichen Geschichtsschreiber darstellt'). Weiters soll eine Apostel¬ gestalt aus dem „Tod Mariä“ die Züge des Stabius tragen' Im Holzstock erhalten ist uns auch das Wappen des Johannes Stabius aus Dürers Hand, vermutlich aus dem Jahre 1512. Was Stabius noch geschaffen hat, erwähnt dessen Schüler und Freund, der Astronom Tannstetter Collimitius, 1514 in seiner Ausgabe der „Tabulae Eclip¬ sium“ des Georg von Peuerbach. Es sind über die erwähnten Werke hinaus Ver¬ öffentlichungen antiker und zeitgenössischer Autoren, Gedichte, geographische und astrologische Darstellungen (Horoscopia), Meßinstrumente u. v. a. 9 Geschichte seines Lebens und seiner Kunst, M. Thausing, Albrecht Dürer, Leipzig 1876. 5) Ebenda. 6) Jahrbuch der Eduard Chmelarz, Die Ehrenpforte des Kaisers Maximilian I., Wien, 1886. kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. IV, I. Aschbach, Geschichte der Wiener Universität, Wien 1877. 7) 115

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