Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1956

gaben kann sie es sich nicht verkneifen, hinzuzufügen, daß der erste Posten der Eisenhandelsgesellschaft leicht mit dem Silbergeschmeide bezahlt sei, das die kur¬ fürstlich=bayrischen Räte mit sich genommen hätten. Neben Heiratsgut, Morgengabe, Widerlage, Erbgut und dem nach Linz entführten Silbergürtel fordert sie nun auch die Hälfte von Haus und Stadl, des Gartens von Pyrach und der Schuldbriefe Der Krautgarten vor dem Gilgentor aber, der gehört ihr ganz, denn der gehört von jeherder Hausfrau. Gleichzeitig mit seiner Schwägerin meldet auch Hanns Adam Madlseder seine Forderungen an. Er erhebt Anspruch auf die brüderliche Erbportion, d. h. den Teil des brüderlichen Gutes, der aus dem väterlichen Erbe stammt. Ein großes Handeln und Feilschen setzte ein, Eingaben wurden gemacht, Dokumente überprüft, —es scheint ein heilloses Durch¬ zwischen Linz und Steyr hin= und hergeschickt einander gewesen zu sein, denn wir hören aus einem Brief H. A. Madlseders, daß man bald nicht mehr wissen werde, was sein Bruder besessen habe und wo diese Besitzungen seien, wenn alle Dokumente verstreut würden und in den verschiedenen Kanzleien verschwänden. Er fordert, daß die Dokumente wieder gesammelt würden und ausgefolgt. Besonders das Consuetudinarybuch, in weißem Pergament und grünem Schnitt, in dem die Dienstleistungen der Pächter und alle sonstigen Ein¬ künfte schon von Vaters Zeiten her mit Fleiß verzeichnet wurden, liegt ihm am am Herzen. Im August 1627 schon erhebt H. A. Madlseder diese Forderung, 29. Jänner 1629 ist sie noch immer nicht erfüllt und er bemüht erneut den Rat von Steyr damit. Aber er ist nicht der einzige, der wieder und wieder vertröstet wird auf die baldige Erfüllung seiner Bitten. Regina Madlseder hatte zwar am 22. September 1628 durch kaiserliche Gnade die Erlaubnis erhalten, den Kopf ihres Mannes abnehmen zu lassen, die Viertel zu sammeln und ihm nun 1½ Jahre nach seiner Hinrichtung ein christliches Be¬ gräbnis zu geben, aber ihre wirtschaftliche Lage war nach wie vor katastrophal. Kleine Unterstützungen von der Stadt, von Freunden, aber auf der anderen Seite Mißachtung von seiten ihrer Verwandten wegen ihres Uebertrittes zur katholischen Religion, wie sie in einem Brief an den Statthalter bemerkt. Endlich wurde die Crida abgeschlossen, ein Crida=Bekenntnuß“ lag vor, aber nun begann der Kampf um Rückgabe des konsiszierten Gutes, um die Auszahlung der Forderungen. Die einzelnen Treuhänder hatten sich schon zu gut an die Ver¬ waltung der fremden Vermögensteile gewöhnt und trennten sich nur schweren Herzens von ihnen. Die Stadt aber hatte einen derart zerrütteten Finanzhaushalt und schleppte an einer ungeheuren Schuldenlast, sodaß die Bargeldauszahlungen von ihr beim besten Willen nur sehr gelegentlich durchgeführt werden konnten. Wer also etwas wollte, der mußte dazuschauen, daß er es bekam. Georg Händl und seine Forderung von 150 Reichstalern ist ein gutes Beispiel dafür. Im April 1628 hatte das Konkursgericht seine Forderung bewilligt, im Februar 1629 klagt er dem Statthalter, daß er sie noch immer nicht ausbezahlt bekommen habe. Im Juni 1630, Georg Händl war mittlerweile gestorben, beschweren sich seine Erben beim Landes¬ hauptmann, daß die Stadt Steyr ihre Forderung von 150 Reichstalern immer noch nicht beglichen habe* * Und Regina Madlseder hatte natürlich nicht viel mehr Glück. Aber sie ließ nicht locker und holte sich Stück um Stück, Gulden um Gulden ihres Eigentums zu¬ rück. Am 20. Februar 1629 beschloß der Stadtrat, daß die Wittib Madlsederin ehestens ausbezahlt werden müsse. Im März 1630 schreibt diese an den Landes¬ hauptmann: „... Ich kann in demuth zu klagen nit umgehen... wollen denen von Steyr ernstlich auferlegen, daß sie mich vorhero anbefohlenermassen abfertigen oder einen Grund dagegen angeben. Sie hatte verschleudern müssen, was sie noch be¬ sessen oder bekommen hatte, um mit ihren Kindern notdürftig das Leben fristen zu können. — Es erfolgte neuerlich ein Ausfolgungsbefehl des Landeshauptmannes. Im Juni 1630 erhielt der Stadtrat einen resoluten Brief mit der Bitte, Zeit und Stunde für eine endliche Verhandlung bekanntzugeben — Regina Khollerin, ersame 107

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