Sälen und Apsiden als Schmuck muß der Abhaltung von Versammlungen gedient haben. Eine raffiniert mit Marmor verkleidete Anlage ist als Schwitzbad, als Sauna zu deuten. Sportplatz und Exerzierplatz vervollständigen diese Gebäude¬ gruppe, in welcher wir vielleicht die schola (Sportanlage) der Lauriacenser iuven¬ tus, des staatlichen Jugendbundes, der uns aus Inschriften bekannt ist, vermuten können. Besonders reich an Funden waren die Privathäuser. Sie bestanden in den ersten zwei Bauperioden, die kurz aufeinander im Anfang des 3. Ih. entstanden, fast ausschließlich aus Fachwerk. Wie eine mittelalterliche Stadt muß damals Lauriacum ausgesehen haben. 270/71 n. Chr. haben die germanischen Juthungen 1 die Siedlung zum erstenmal gründlich zerstorr. Der Aufbau erfolgte sofort, zog sich aber bei den großen öffentlichen Bauten bis in die Regierungszeit des ersten christ¬ lichen Kaisers Konstantin. Je weiter die Zeit fortschritt, desto drängender wurde die Not durch die aus dem Westen anstürmenden Germanen. Dreimal wurde ins¬ gesamt die Stadt durch Feuer und Plünderungen verheert. Die unter Konstantin aufgebauten Anlagen wurden im Laufe des 4. Ih. neuerlich zerstört. Südlich der Basilika und des Forums haben wir bei der Freilegung der Centuria II Funde gemacht, die deutlich zeigen, daß die Überfälle überraschend gekommen sein müssen. Wir fanden nämlich noch in dem Schuttmaterial die Teller und Töpfe mit den darin verwahrten Speisen. Auch an anderen Fundstellen konnten wir diese Be¬ obachtungen machen, so vor allem im Haus der Bronzegefäße im Nordteil der Stadt. Es handelt sich bei diesem um eine Wohnanlage. Auch hier waren die Gebäude in den ersten Bauperioden aus Holzfachwerk errichtet. Besonders gut ließ sich die Heizanlage studieren. Unter dem gegossenen Estrich lag ein 0.6 m hoher gewölbter Heizkanal, der in einen Querkanal mündete. Dieser war in seinen über den Fu߬ boden reichenden Teilen aus Hohlziegeln gebaut, die die einzige gemauerte Wand des Hauses bildete. Außerhalb des Zimmers, im Hofe gelegen, befand sich eine Feuergrube, die in den Hauptstrang, den gewölbten Heizkanal, hineinreichte. Die Heizgase des Holzkohlenfeuers strichen langsam durch den Hauptkanal, verteilten sich im Querkanal und wurden gezwungen, durch die in der Wand versenkten Hohlziegel nach oben zu steigen und so die ganze Wand wie ein moderner Wand¬ strahler zu erwärmen. Wohl eine der sinnreichsten Konstruktionen, die uns aus der Antike zum erstenmal bekannt wurde. Auch hier konnten wir die Zerstörung des Juthungeneinfalles von 270/71 beobachten. Der Neubau, aus Steinmauerwerk auf¬ geführt, veränderte den Grundriß und planierte das Schuttmaterial ein. Aus diesen Gründen erfolgte eine Höherlegung des Bodens. Als im 4. Ih. auch diese Anlage zerstört wurde, baute man auf die alten Mauersockel darauf. Münzen des Kaisers Valentinian I. zeigen an, daß diese Periode um 375 n. Chr. zu datieren ist. Da¬ mals war das Christentum bereits die herrschende Religion und in Lauriacum befand sich ein Bischof. Harte Kämpfe und standhafte Bewährung hat es gekostet, bis die neue Religion auch vom römischen Staat anerkannt wurde. Konstantin hat gemeinsam mit Licinius 313 n. Chr. in Mailand das Toleranzreskript unterzeich¬ net. Damit war zwar der Kampf gegen das Christentum offiziell beendet, aber es brauchte noch lange Zeit, bis auch die letzten Widersacher der Christen, die Anhänger des Mithras und Dolichenus und des ganzen römischen Pantheon überwunden waren. Die beiden oben genannten Kulte waren bisher noch nicht in Lauriacum vertreten gewesen, beide haben uns in den letzten Jahren Zeugnisse für ihr Be¬ stehen geliefert. Eine Reliefplatte des Mithras mit dem Symbol der Stiertötung wurde als Zufallsfund gehoben, eine kostbare Sigillataschale fanden wir auf dem Boden der Zivilstadt, die durch eine Ritzinschrift als Eigentum des Dolichenus be¬ zeichnet wird. Sie lag in einem unserer langen Versuchsgräben nahe bei einer großen, gut gebauten Mauer. Wir hoffen, hier bei der Weiterarbeit ein Heiligtum dieses kleinasiatischen Bergbaals freizulegen. Im vergangenen Jahre haben wir im Westen der Stadt gegraben und hier längs einer Straße beiderseits Häuser freigelegt. Sie zeigen die bereits bekannten drei Perioden. Auffällig ist dabei ein Bau, der aus einem Korridorhaus besteht. 101
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2