Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1956

charakteristisch ist und an Bäder erinnert, die in anderen antiken Städten gefunden wurden. So vor allem im nahen Kempten. Es ist eine große rechteckige Anlage, der Mitteltrakt war einst mit geschliffenen Steinplatten belegt. An der Westseite des Saales befand sich eine halbrunde, etwa 6 m breite Nische, eine sogenannte Apside. Nach Norden und Süden schlossen an den Mitteltrakt die eigentlichen Bade¬ räume an. Erhalten sind im Süden drei Säle, deren Böden auf Ziegelpfeilern ruhten. Hier handelt es sich um eine Fußbodenheizung, eine sogenannte Hypokaust¬ anlage. In den Sälen aber, zwei waren mit Apsiden geziert, befanden sich die Wasserbecken. Im Westen und Osten fanden sich die großen unter dem Boden an¬ gelegten Heizhäuser. Durch eine sinnreiche Einrichtung der Heizzüge wurdendie Verbrennungsgase gezwungen, langsam unter dem Boden hindurchzustreichen,um so die darüberliegenden Räume zu erwärmen. Mindestens drei charakteristische Räume umfaßte ein antikes Bad, das Kaltbad (frigidarium), das Laubad (tepi¬ darium) und das Heizbad (caldarium), in der gleichen Reihenfolge benützte man auch die Bäder, entweder man begann beim Heißbad und tuschte zum Schluß in der kalten Wanne, oder man steigerte die Temperatur und begann kalt, um im Heißbad zu enden: Im Anschluß an diese Notgrabung wurde dann eine Kommission gegründet, in welcher die an der Erforschung der Antike maßgebend interessierten Stellen von Bund und Land vertreten waren, und beschlossen, die seit 1937 ruhenden Arbeiten im Gebiet der Zivilstadt wieder aufzunehmen. Bereits im Herbst desselben Jahres konnte eine große Versuchsgrabung die ungefähre Ausdehnung der antiken Stadt feststellen. Es zeigte sich, daß das antike Lauriacum eine Fläche von rund 810.000 Quadratmetern bedeckte, also weit größer war als die mittelalterliche Stadt Enns. Weiters konnte erkannt werden, daß eine Centuria, das ist ein Häuserblock, der antiken Stadt rund 90X90 m groß war. Am meisten überraschte aber die Erkennt¬ nis, daß über den römischen Kulturschichten Häuser zu finden waren, die eindeutig der nachrömischen Zeit zuzurechnen sind. Es handelt sich um kleine, ungefähr 10 bis 12 m große Hütten, die meist nur aus 3 Räumen — 2 Zimmern und einem 77: vorgelegten langgestreckten Raum, der Laube — bestanden. In der Mitte dieser Keuschen lag der große offene Herd, der Rauch muß mitten durch das Dach seinen Weg nach oben genommen haben. Nach dem Grundriß und auch nach den histori¬ schen Quellen kann man annehmen, daß diese Hütten am ehesten dem alemanni¬ schen Stamme zuzuschreiben sind, erinnert doch der Grundriß an das noch heute bestehende alemannische Breithaus mit traufseitigem Eingang. In den darauffolgenden Jahren wurden planmäßig große Flächen untersucht bzw. freigelegt. Südlich der Laurentiuskirche fanden wir einen großen Marktplatz der von breiten Hallen eingesäumt war. In den Hallen fanden wir die Reste der Waren und die schmalen Zwischenwände, die die einzelnen Läden voneinander trennten. Im Westen schloß an den Platz, der rund 48X24 m groß war, eine breite geheizte Basilika an. Sie war ein mächtiger Bau mit über 60 m Länge und einer Breite von 11 m; nach den großen Heizanlagen kann man ungefähr die Höhe schätzen: über 10 m erhob sich der Bau. In der Mitte des Platzes stand, wie wir aus Funden erschließen können, eine Bronzestatue, vielleicht des Stadtgründers Caracalla. Die ganze Anlage ist nicht der Hauptplatz (forum civile) der Stadt ge¬ wesen, sie war vielmehr nur ein großer Marktplatz (forum venale). Für Lauria¬ cum hatte nicht nur der Binnenhandel Bedeutung, sondern vor allem auch der Handel mit dem Ausland jenseits der Donau. Haupthandelsartikel war das kost¬ bare Salz, das von Hallstatt und Ischl (Escla) her geliefert wurde, um von hier nach Böhmen ausgeführt zu werden. Eisen, das auf dem Weg durch das Steyrtal herkommen konnte, auszuführen, verbot ein Gesetz, damit nicht Waffen in die Hände der Feinde kommen sollten. Trotzdem wird viel Eisen hierher geliefert worden sein, nicht aber um ins Ausland zu gehen, sondern um in der staatlichen Schildfabrik, die sich im Lager befand, verarbeitet zu werden. Im Süden der Stadt, wo 1951 die ersten Arbeiten abgeteuft wurden, fanden wir einen von einer Mauer gänzlich eingeschlossenen Bezirk. Ein Großbau mit drei 100

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