98 Als am 8. Mai 1627 den Protestanten in Steyr abermals eine Frist zur Bekehrung (9. Juni) festgesetzt wurdess), nahm Lindtwurm Abschied von der Eisenstadt. Der genaue Zeitpunkt der Abwanderung ist nicht mehr feststellbar, doch erfolgte sie zwischen dem 12. Juni und 31. Dezember 1627. Das im Stadtarchiv verwahrte Exulantenverzeichnis enthält folgende Notiz: „Niclaß Lindtwurmb, Schniermacher hat sein Zehnten Pfennig nach Linz und der Stadt richtig gemacht 6 fl 2 B 23½ d, hat neben dem Hannß Maria Peckhen ein Gerhabschaft über die Georg Kramerische Kinder, welche all beheürat bis auf ein Tochter, so zu Wien dient Namens Margaretha dero Vermögen 50 fl liegt auf den Cramerischen Haus, und hat d Maria Weckh alle Notdurften inhanden, und soll dem Steueramt ein Por¬ 7736 stellen gen Man kann wohl mit Sicherheit annehmen, daß Lindtwurm in Kolmar im Elsaß eine neue Heimat fand. Am 25. Februar 1651 ersuchten nämlich die Söhne Lindtwurms, Urban und Georg, in einem Schreiben aus Kolmar den Magistrat zu Steyr, „ihnen dero auf ihres Vaters seel. Behausung im Kirchweg liegendes Patrimonium 380 kl erfolgen zu lassen"s?). Laut Bericht des Stadtsteueramtes hatte das Haus Lindtwurms um den genannten Betrag der Tischler Andreas Klain er¬ worben, der den Kaufschilling bis auf einen Rest von 124 Gulden beim Magistrat erlegte. Die „obrigkeitlichen Gefälle“, die jedoch die Söhne Lindtwurms zu tragen hatten, betrugen damals schon 178 fl 2 B 18 dss). Im Jahre 1655 wurde Klain aus dem Burgfried der Stadt verwiesen. Vermutlich konnte er seine Steuern und die restliche Hausschuld nicht begleichenss). Erst im Jahre 1687, also sechzig Jahre nach der Emigration des Meistersingers, erhielten dessen Erben nach Abzug des Hebgeldes den Kaufschillingsrest in der Höhe von 68 fl 7 B 2d ausgefolgtt Pfarrer Über Lindtwurms Kinder berichten die Ratsprotokolle, daß Georg als wirkte und Juliane sich mit Sebastian Kahrn, einem Bürger aus Niederösterreich, vermählte Das oben angeführte Meisterlied des Bortenmachers entspricht wohl in keiner Weise unserem heutigen Kunst= und Sprachempfinden. Es gehört auch keinesfalls zu den besten Schöpfungen des Meistergesanges, den man bekanntlich als eine Verherbstungs= ja Verwinterungsform des höfischen Minnegesanges“ ansieht. Werden den Meisterliedern auch die künstlerischen Werte abgesprochen, so dürfen wir den schlichten Handwerksmeistern, die in ihrer Art sich bemühten, fromme und ehrenhafte Gesinnung in den Städten zu fördern, unsere Anerkennung nicht ver¬ sagen. Daß Steyr als Meistersingerstadt im süddeutschen Sprachraum eine führen¬ de Stelle einnahm, verdankt sie nicht zuletzt auch dem biederen Bortenschlager Niklas Lindtwurmt?) 35) J. Neumann, a. a. O., S. 95. 36) St., Fasz. Religionsakten, Kasten 11, Lade 24, Nr. 1735: „Libel und spezifi¬ zierte Beschreibung über derjenigen von der Statt Steyr in Österreich ob der Enns ob Religionis Reformationem emigrierter unkathol. Burger und In¬ wohner alda hinterlassener absonderlicher Zutragung so zu Bezahlung Gemeiner Stadt Schuldenlast daselbst (auf diese vorhero allbereit allergnedigist erteilte kai¬ serliche Resolution) appliciert und angewendt werden solle. Anno 1629“. 37 St., Rp. 1651, 88. 38) 350. — fl = Gulden, B = Schilling, d = Pfennig. St., Rp. 1651, 321, 39 J. Krenn, a. a. O., S. 41, Anmerkung 8. 40) St., Rp. 1687, 162. 41) 1669, 88. St., Rp. 1666, 248; 42) Hermann Kluges Geschichte der deutschen National=Literatur (1919), S. 50 f. O. Wessely, Musik in Oberösterreich (1951), S. 16. Anmerkungen: St. = Stadtarchiv Steyr; Rp. = Ratsprotokoll. WIR STEHEN IM TRAUERFALL MIT RAT UND HILFE ZUR VERFUGUNG! STADT. BESTATTUNG, STEYR, KIRCHENG. 1, Tel. 23 71, Nachtruf 270 85.
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