Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1956

Nicht selten besuchten namhafte Meistersinger aus fremden Städten die Eisen¬ stadt. Am 1. Februar 1578 veranstaltete hier der Görlitzer Adam Puschman eine Singschules). Er ist der Verfasser des „Gründtlichen Berichts des deudschen Meister¬ gesangs ond der deudschen Versen oder Rittmis“ worin er neben „anderen Kayser¬ lichen ond Fürsten Steten, da dise lobliche Kunst gevbet wird“, auch Steyr erwähnt. Der Meistersinger Georg Hager, später „Schuster und Bürger im Schustergäßl in Nürnberg“ weilte um diese Zeit ebenfalls in Steyr, wo ihm eine Liste der 272 Weisen, die Hans Sachs für seine Dichtungen benützte, überreicht wurde. ). Innige Beziehungen zur Eisenstadt unterhielt der bekannte Welser Meister¬ singer Paul Freudenlechner, der mit Peter Heiberger gut befreundet war*e). In einem „Danklied“ vom 6. November 1604 wünschte er den Steyrern ein glückliches Neujahr: „Vund wünschen glück: demnach gerade wir Singer albereite einem löblichen Magistrate als ouser Obrigkeite der Stadt Steyr sonderheite darnach einer ersamen Burgerschafft"!!) Dem Nadler Peter Heiberger, ein „Liebhaber des deutschen Meistergsang zu Steyer“, verdanken wir zwei bedeutende Liedersammlungen. In den Jahren 1599, 1603 und 1607 hielt er mit Bewilligung des Rates Singschulen abte) Von den 34 nachweisbaren Meistersingern, die sich entweder dauernd oder nur vorübergehend in Steyr aufhielten, verdient der Bortenschlager Nikolaus Lindtwurm besondere Erwähnungts). Es ist uns nicht überliefert, woher er kam. Im Jahre 1599, als in Steyr gerade die Gegenreformation im Gange war, wurde Lindtwurm, nachdem er sich beim Rate vorgestellt und seinen Lehrbrief vorgewiesen hatte, das Bürgerrecht zuerkannt!“). Er vermählte sich am 2. Jänner 1611 mit in Barbara Stremberger, Tochter des Müllners Hans Stremberger zu Kuttenberg Böhments). Dieser Ehe entstammten die Kinder Juliana, getauft zu Steyr am 17. 9. 16121), Urban und Georg. Lindtwurm erwarb 1616 käuflich die Behausung des Tischlers Valthin Rannz in der Stadt, obere Zeile, oberes Viertel!'). Nach J. Krenn ist es heute das Haus Pfarrgasse Nr. 7½8). In seinem kleinen Betriebe arbeitete Lindtwurm wahrschein¬ lich, nur mit einem Gesellen, denn am 7. August 1623 ersuchte er beim Rat um die Ausstellung eines Geburts= und Lehrbriefes für den Bortenmacher Pankraz Mairto An¬ Als Meistersinger mußte Lindtwurm im Lande ob der Enns in großem sehen gestanden sein. „Zu begerten und Zugesagten ehren uud gefallen“ sang ihm 9Singschule = festliche Gesangsveranstaltung im Rathaus. 9)F. Mayer, a. a. O., S. 13 f. 10)Ebenda, S. 20. 11)Stiftsbibliothek Göttweig, Handschrift Nr. 10347 „Meistergesangbuch von 1550 bis 1616 von Paulus Freudenlechner“. Die Abschrift dieses Meisterliedes stellte mir in entgegenkommender Weise Frau Dr. J. Hack=Ottl zur Verfügung. 12) I. Ofner, Zur Geschichte des Meistergesanges in Steyr. OO. Heimatblätter 1948), Ig. 2, Heft 2, S. 163 ff. 13) J. Ofner, Steyr, eine Pflegestätte des Meistergesanges. Die Stimme Österreichs Bortenschlager = Erzeuger von (1952), Ig. 6, Sonderheft Steyr, S. 28 f Borten, (Randbesatz an Kleidern und Möbeln). 14) St., Rp. 1599, 250, 260. 15) Stadtpfarramt Steyr: Evangelische Matriken, Inv. Nr. 13 c, Heft 3, S. 2. 16) Stadtpfarramt Steyr: Evangelische Matriken 1612. 17) St., Rp. v. 2. 12. 1616, 270. 18) 200 fl angegeben. — J. Krenn, St., Steuerbuch 1620. Hier ist ein Schätzwert von Veröffentlichungen des Kultur¬ Häuserchronik der Altstadt Steyr, 1. Teil, S. 40. amtes der Stadt Steyr (Juni 1951). 19) St., Rp. v. 7. 8. 1623, 242. 95

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