Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

doch die Landeshauptmannschaft widersetzte sich diesem Ansinnen. Sie machte 1667 dem Magistrat deshalb sogar Vorwürfe und beschuldigte Bürgermeister Luckhner, weil er seine Bedienten um die Post nach Strengberg schicke, sie in Steyr austeilen lasse und dafür das Postgeld einhebe. In diesem Jahre wurde endlich der langwierige Prozeß bei der Regierung erledigt. In der kaiserlichen Entschließung vom 18. März heißt es u. a.: „Das wir auf Georgen Mayrs, Postmeister in unserer Stadt Steyr, uns über die einen Kreditorn beschehene wirkliche Abtretung seines Vermögens um Er¬ teilung eines Salvi Conductus de von ulterius molestando allertänigst über¬ reichtes Anbringen und darüber gehöriger Orten abgefordert, auch ankommene Bericht und Gutachten unterm dato vierten diß dahin allergnädigist resolviert und in dieser, als einer bereit beschehenen Sache verwilliget, das dem Suppli¬ kanten der gebetene Salvus Conductus erteilt werden möge, jedoch dergestalt, das er vorhero, zum Fall es nicht allbereit beschehen, einen körperlichen Eid schwörn, das er 1. alles, was er gehabt, treulich namhaft gemacht, weiter nichts habe, nichts wisse, auch nichts haben könne, noch auch einiches anderes Mittl wisse, womit er seine Kreditorn kontentiern oder versichern könnte, 2. das wann er mit der Zeit ad pigniorem fortunam kommen wurde, er sodannseine Kreditorn und insonderheit diejenigen, welche in die Cessionem bonorum nicht eingewilligt haben, auch bei der Crida Verhandlung weder angemeldet, noch 731) erschienen seind, der Moglichkeit nach bezahlen und befriedigen wolle Noch einmal, im August 1670, kam es zwischen Mayr und einem Auge¬ hörigen der Familie Riesenfels zu einem Zerwürfnis. Johann Baptist von Riesenfels traktierte Mayr mit dem Degen, weil dieser gegen ihn durch „das Fenster“ Injurien ausgerufen habe. Der Postmeister überreichte in diesem Jahre dem Magistrat für die Beförderung eines Paketes, 37 Lot schwer, ein „Postgeld =Auszügl“ in der Höhe von 3 fl. 4 s. Der Rat beschloß, diesen Betrag von seinen ausstandigen Gefällen in Abzug zu bringen. Zum letzten Male erwähnen die Ratsprotokolle Georg Mayr, der in Steyrdorf ein Haus besaß, im Jahre 1676. Wann seine Amtstätigkeit ein Ende fand, wird in den Archivalien nicht gesagt, vielleicht um 1680*) Nach Mayr wurde Johann Adam v. Paumgartten kaiserlicher Postmeister in Steyr. Er war der älteste Sohn des Ennser Stadtrichters Michael Paum¬ gartner, der 1675 mit dem Prädikat „von Paumgartten“ in den Adelsstand erhoben wurdess). Im gleichen Jahre erwarb der Postmeister, der später Mit¬ glied des Rates wurde, durch Kauf das Haus Stadtplatz Nr. 46. Er starb am 15. Dezember 1704. Nahezu hundert Jahre verblieb der kaiserliche Postdienst weiterhin in den Händen dieser Familie: Johann Adam v. Paumgartten (17041730), Johann Adam v. Paumgartten (17301742), Johann Richard v. Paumgartten (17421782), Reichard v. Paumgartten (17821802)*) Der Widerstand gegen die Lehenrößler ließ seit dem Jahre 1670 erheblich nach. Der Grund hiefür ist wohl darin zu suchen, das die Stadt vom Post¬ meister unabhängig sein wollte und daher die Lehenrößler begünstigte. Der Magistrat verlieh auf das „Roßausleihen“ auch das Bürgerrecht. Da Bürger¬ meisten und Ratsmitglieder sich nicht selten der Lehenpferde bedienten, waren die Lehenrößler verpflichtet, der Stadtbehörde jederzeit Pferde für Dienst¬ fahrten zur Verfügung zu stellen. Später, um 1760, war die Stadt selbst schon im Besitze von acht Pferden, die sie gelegentlich an die Bürger verliehen 5 Unter Kaiser Karl VI. erfolgte 1722 die Verstaatlichung des Postwesens. In diesem Jahre untersagte die niederösterreichische Regierung allen Boten, Landkutschern und Lehenrößlern die Beförderung von Briefen, ausgenommen die den Waren beigeschlossenen Fracht= und Avisobriefes°). Die Postzustellung besorgte in Steyr schon in diesem Jahrhundert ein eigener „Briefträger“. Erst¬ malig erwähnen die Ratsprotokolle einen solchen im Jahre 1705. Es ist der Ennser Bote Veit Heyraß, der um das Bürgerrecht auf das Branntwein¬ 80

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2