Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

auch über schlechte Pferde, so das die Reisenden beim Stadtpostmeister besser bedient werden. „Da aber ein Herr mit seinen eigenen oder Lehenpferden all¬ Hero kommen“, so heißt es weiter in dem Antwortschreiben, „oder auch sogar ein Kurier oder anderer Reisende des Stürmers Pferd oder Beförderung mit haben wollte, dem kann auch sich des Stadtpostmeisters Dienst zu gebrauchen mit verwehrt werden, weilen einem jeden und sogar in der kaiserlichen Haupt¬ und Residenzstadt Wien und anderwärtig, wo kaiserliche Posten sein, frei 723), stehet, die Post= Landkutschen oder Lehenpferd zu nehmen“. Die Stadtpost bestand aber nicht mehr lange. Im Februar 1652 verfügte der Magistrat die Aufhebung derselben. Er richtete an den Stadtpostmeister Hans Köberer ein Dekret, in welchem er ihm mitteilte, „das man bei erlang¬ dem heiligen Frieden sich fürohin mehr keiner so starken vielfältigen Reisen zu besorgen, dahero man die Stadtpost weiter nicht vonnöten habe, doch wolle man ihm gleichwohl fürdershin jährlich dergestalt 50 fl. Bestallung reichen, das er dagegen drei gute Lehenpferd halten solle.“ Auch für das Jahr 1653 gab ihm der Magistrat die gleiche Summe, er bemerkte aber, das man seine Postdienste nicht mehr benötige und er mit schlechten Pferden versehen sei?). Stürmer tat nun alles, um die Abschaffung der Lehenrößler zu erreichen. Vorerst verlangte er, das Köberer nicht drei, sondern nur zwei Lehenpferde halten dürfe. Dann erwarb er einen Befehl der Landeshauptmannschaft, der vom Magistrat forderte, ihn bei seinem „kaiserlichen Mandat“ zu schützen und die Lehenrößler abzustellen). In seinem großen Haß gegen die „Roßaus¬ leiher“ ging er sogar am 12. Februar 1653 „mit gewaffneter Hand“ auf freier öffentlicher Straße gegen den bürgerlichen Lehenrößler Hans Bärthl vor und schimpfte dabei heftig über das kaiserliche Stadtgericht. Dieser unüber¬ legte Streich, den er gemeinsam mit seinem Sohne durchführte, brachte ihn aber in den Arrest. Im Hinblick auf seine zahlreichen Kinder zog der Rat bei der Urteilsfällung nochmals „die Gute der rechtlichen Schärfe“ vor. Das aber „seine unterschiedlichen Verbrechen nicht ungestraft“ bleiben mögen, verurteilte er ihn bei Aufhebung des Bürgerrechtes zu einer Gefängnisstrafe von einem Vierteljahr bei Wasser und Brot. Als ihm das Urteil verkündet wurde, rief er: „Ich habe niemalen nichts Böses im Sinn gehabt, aber meine Herren I. bringen mich mit diesem Urtl dahin, das ich etwas Boses tun muß!“ Stürmers Haft war nur von kurzer Dauer. Eines Tages erschien vor dem Rat seine Frau Anna samt allen Kindern und bat flehentlich, ihrem Manne die Freiheit zu geben. Auf die vielköpfige Familie Rücksicht nehmend, ließ die Stadtobrig¬ keit abermals Barmherzigkeit walten. Stürmer mußte mit „vier ehrlichen Bürgern“ Abbitte leisten und innerhalb vier Wochen die ausständigen Steuern bezahlen. Er versuchte nochmals, die Stadtpost zu bekommen. Seine Anstren¬ gungen blieben erfolglos. Am Beginn des Jahres 1654 starb der kaiserliche Postmeister, der wahrlich seinen Namen nicht umsonst getragen. Witwe und Erben durften nun „keinen Haller Postbestallung“ mehr aus dem kaiserlichen Vizedomamt annehmen*). Stürmers Nachfolger wurde der Bürger Hans Andreas Zolitsch. Wie sein Vorgänger beantragte auch er beim Magistrat, ihm die Stadtpost zu verleihen und den Lehenrößlern den Gebrauch des Posthorns zu untersagen. Auf Grund eines vom kaiserlichen Hufpostamt am 5. April 1656 ausgestellten Dekretes forderte er die Einstellung des vom Schuhmacher Hans Hibmer be¬ 737) triebenen „Lehenrösselns Im Jahre 1661 verlieh der kaiserliche Erbland =Hofpostmeister Karl Graf v. Paar die kaiserliche Postbeförderungsstelle zu Steyr, um die sich im vorher¬ gegangenen Jahre der Bürger und Gastgeb Hans Karl Hörmann schon be¬ worden hatte, an Johann Erasmus Kumpfmüllner. Die Zeit seiner Tätigkeit im Postdienst war außergewöhnlich kurz. Wegen „eines verübten Gewalts“ 78

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