Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

3 Abendgang zur Gergkapelle Hermann Landsiedt (18901938) Das Scheunentor ward längst vom Knechte zugeknarrt; nun hat der Bauer auch des Hauses Tür verriegelt. Der letzte Heuschreck ist im Gras verschnarrt und Schwalben, die sich flachen Flugs im Teich gespiegelt, verpfeilen übers Dach und hochgestämmten Wald. Von der Kapelle schlankem Türmchen weist abendgütig milder Schein des Kreuzes einem späten Würmchen den Heimweg noch zum Wiesenrain. Dann lischt sein Glanz und friedensstill im Dunkeln ruht es mit Mensch, Haus, Wald und Feld. Nur wenn aus Sternen Gottes Augsieht auf die Welt, strahlt es an seinem Blick noch auf mit sanftem Funkeln. Die Bruckner= Bank im Schloßpark Leopold Wirth, Steyr Auf ihr hat der Meister oft gerne geruht Vor vielen und schöneren Jahren; Die Welt war so friedlich, die Welt war so gut, Obwohl auch er Böses erfahren. Doch niemals lag Bruckner im Hader mit Gott; Es war ihm so nah' in der Stille. Zur Bank nahm er Zuflucht vor Geifer und Spott Der Musischen bittere Pille. Hier sprach seine Seele mit Gott und Natur Im wonnedurchglühten Umschlingen; Die Ohren umspielte in Moll und in Dur Der Vögel frohlockendes Singen. Die Bank, sie steht heut' noch im grünen Revier, Dem Musikus Gottes zu Ehren. Der Geist Anton Bruckners lebt ewig allhier Es ist wie ein Orgeln aus Sphären... 65

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