Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

sie ganz dir gehören möcht' damit einmal Ruh' wird; aber mein Weib gibt sie nicht weg, das weit ich!“ „Darauf laß es ankommen!“ „Unsinn. „Es gilt!“ „Soll' gelten“, brummte Wiesner. Er zog die Hand, die Fehringer gefaßt hatte, langsam zurück. „Kriegst sie ja doch nicht!“ „Dafür laß mich sorgen. Ich fahr' gleich hin. Heut laß ich Meß Meß sein. Handel und Wandel geht vor. Aber die Dirn' muß gleich mit als Zeugin, das du gesagt hast, es gilt dir völlig gleich und alles kam allein auf die Bäue¬ ein an.“ Er wandte sich zur Vroni. „Wir fahren über den Kronberg, wo Kirchweih ist, und dort kaufen wir der Mutter ein sauberes Tuch für die Sonntag'; für dich wird sich wohl auch etwas finden, das dich da die Sonn mit abbrennt.“ Er legte seine breite Hand auf ihre runde Schulter, die sie bloß trug. „War' schad', Dirndl! Na komm mit!“ Meinetwegen“, sagte Wiesner. „Du machst dir nur ganz unnötige Aus¬ lagen.“ Fehringer ging mit Vroni aus der Stube und kurz darauf sah Wiesner die beiden auf dem Wägelchen vorbeirollen. Er duckte sich tief übers Glas. Da erscholl vom Turm das erste Läuten. Er legte Geld auf den Tisch ging bedächtigen Schrittes nach der Kirche. Dort saß er ganz duchsig in und der Stühle, blickte weder zu den Altären noch nach den Nischen auf, einem sich aber zu denen, die am eifrigsten beteten und am lautesten sangen. hielt der Messe schlich er sich sachte davon, trieb sich mit den andern auf dem Nach Platze herum und wagte sich erst wieder zur Kirchtür hinein, als Trompeten und Pauken zu Beginn des Hochamtes laut wurden. Die Wandlung war schon vorüber. Er hatte den Kopf fast zwischen den Blättern des großen Gebetbuches stecken, tat manchmal einen unruhigen Ruck von der Ecke, wo er saß, nach der Bank hinein, zur Beschwer seiner Nachbarn die dann immer einer an den andern stießen bis auf den letzten, der nach dem Schnitzwerk des Stuhles griff, als fürchte er herauszufallen. Da trat plötzlich etwas an seine Seite. Er warf so einen Blick neben, die Vroni wars. „Vater“, sagte sie, „wir haben die Kuh doch verkauft.“ 27 „Habt ihr schon das Geld dafür? „Bar im Kasten.“ „Hat er sie schon weggeführt?“ „Freilich. Er hält nur ein wenig im „Roten Ochsen“ und wartet.“ Wiesner nickte. „Und schau her, wegen der Tücheln hat er auch Wort ge¬ halten. Sie spreizte die Finger über ein buntes, halbseidenes Halstuch, das sie über den vollen Nacken geschlungen trug und das gerade groß genug war, um es kleiner zu wünschen, und gerade klein genug, um zu diesem Wunsche anzuregen. Ein gar gefährliches Ding das. Die Orgel tönte aus, die Leute erhoben sich von ihren Sitzen, da wandte sich Wiesner zur Vroni, die an seiner Seite das Ende des Hochamtes abge¬ wartet hatte, und sagte: „Geh voraus, ich komm gleich nach!“ Als er sich allein sah, stand er im Stuhle auf, blickte frei um sich und sah die Heiligen der Reihe nach an, faltete die Hände und sprach also: „Meine lieben Heiligen, alle miteinander, müßt' mit bös sein, gleich als war' ich ein schlechter Christ, der mit weit, was er geredet; aber wenn ihr euch recht besinnt, ich hab’ gesagt: wenn ich die Kuh behalt' wenn sie mein bleibt! Nun ist aber die Sach', das sie verkauft ist, dem Fehringer gehört und mich nichts mehr angeht; ich leg' also, wie billig ist, alle Gelöbniss’ auf die Kuh. — Und auch du, lieber Himmel¬ Vater, sei mit bös, das du da hast nachgeben müssen, hast ja doch ein gutes Werk damit getan, was dir schon auch wieder vergolten werden wird. Und jetzt 61

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