Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

-diesem Anlasse fand eine Reihe von Veranstaltungen s tatt: am 21. Sport- und Turnwettkämpfe, ein Totengedenken auf d em Friedhof, ein Fackelzug; am 22. nach d em Festgottesdienst ein Festakt im Volkkinosaal, der den Höhepunkt der "Feier bildete. Zahlreiche Vertreter von Stadt, Land, Bund und K irche, den Schulen, dem Gewerbe, d er Industrie , sowie rund 700 Absolventen der Ans talt hatten sich hiezu · eingefunden. Nach Abspielen des Fanfarenmarsches durch die Stadtkapelle begrüßte der Direktor der jubilie r enden Anstalt, Dipl.-Ing. Hillisch, ei·ne Reihe von Ehrengä sten namentlich. Hierauf sp r ach d e r Nestor der österrei• chi schen Dichter, Franz Karl Ginzkey, nachstehenden, von ihm zur Feier d er jubili erenden Anstalt verfaßten Prolog: Wir feiern b eute e in en hohen Tag, Wie uu s so bald kein zweiter grüßen 1nag, Ein Arbeitsfest in edelster Bewährung, Zum Ruhm de r Heimat und un s selbs t zur Ehrung. Zu künden gilt es, w,1e durch achtzig Jahre Sich Tatkraft hob ins Unbezweifelbare, Wie Fleiß. sich r egt e, Geist ward kühn verwalte t • Uod so da s Werk zur reifen Frucht ges talt e t . Doch eh' wir selbst uns rührig so verkünden, Gilt es de r Dinge Ursprung zu ergründen, Den Baustoff gilt es unsres Werks zu preisen, E r ist uns wohlve rt:raut, es ist das Eisen. So grußen wir zuerst das Material! Ein Wunder an Gefügigkeit zumal. Es is t au s ihm, in schöpferi sch en Bauden, Ein Weltenwerk d er T echnik aufcrs tan'<l en. In Mühen von Jahrtausenden b e r e ite t, Hat es die Menschheit segensre ich be - gleitet, Zu immer Höh'rem ward es au serkoren, Vom Sensenschwnng bis zu den Kraftmotoren. Und wer mit Stahl und Eisen kühnlich baut, Dem s tärkt sich auch die Seel e, kraftvertrant. Es wankt der Mensd1 nicht , der „ge - s tählt" sid, hat. "Und so war's a uch zu Steyr io der Stadt. Geschlechter sdnvoren sich als sicherm Hort, Dem Eisen zu, sich mühend fort und fort, J ahdmnde rte hindurch dem Werk vertrauend Und so b ewußt au ihr em Schicksal bauend. Und auch in all en Täl e rn rings erklang Der Hämmer Pod,en zu der Mess'rer Sang. Der Mensch war ganz der Arbeit hingegeben, Die ihm genügte für sein schlichtes Leben. Doch dann erhob s ich Kummer und Gefa hr. Im Wirtschaftskampf bot sich die Sorge dar: Der Väter Handwerk sei b edroht , umstellt Vom Schaffen seifer eine r n euen Welt. Erfindung auf Erfindung strahlte auf, Erwerbsstr e it nahm verhängnisvollen Lauf, J ahrhundertalte Arbeit schien verglüht, Als sei sie in sich selber totgemüht. Dod1 nun , da sich in höchster Schaffensnot Das H e imwerk sah vom Untergang b edroht , Erstanden wackrc Männer, kampfbereit, Zi elrichtende in wegunknud'ger Zei t. Sie forderten mit ihres Wortes Macht Di e Gründung ein e r Scht1le, wohldnrchdacht, Worin der Geist der Jugend sei gelenkt, Zum Weltgeist hin, der n eue Wege schenkt. Nicht neue Wege des Verdienstes nur •, Auch neue Wege der Geschmackskultur, Da Harmoni e mit Praktischem sich eint, In Schönheit aud1 da s Handsame er sche int. Und also ward der ne ue Keim geboren, Aus de r Erkenntnis ward se in Wuchs besd1woren, Dann stellte Fertigkeit sich rühmlich ein Und aus dem Fleiß erblühte das Gedeihu. D e r Tag, da di ese Schule .;_,ard gegründet, Er ist 's, den unsre Feier heut' verkündet. Entsd1loss'ner Arb eitsmut benannte sie: ,Fachschule' schlicht, ,für Eisenindustrie'. Aus dies er Tat, aus di esem Sd,icksalstag, Ersprießte alles, was uns fr euen mag Als Arbeitswerk in edelster Bewährung, Zum Ruhm d er Heimat und uns selbst zur Ehrung. 195

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