Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

Volkssagen Franz Harrer, geb. am 11. 1. 1880 aus Steht in Enns, besuchte dortselbst die Volks¬ Schule und kam mit 13 Jahren als Stallbub zu Bauern. Später wurde er Knecht, Teichgräber und Ziegel¬ schläger. Schließlich arbeitete er in Franz Harrer Linz und 20 Jahre als Maschinen¬ arbeiter in den Steyr -Werken Die unheimliche Begegnung Ein Bauer in der Steyrer Gegend ging gerne Kartenspielen in die Nach¬ barschaft. Da sein Haus etwas abseits und einsam lag, mußte er, wenn er zu einem seiner Nachbarn wollte, einen längeren Weg zurücklegen. An einem Heilig= Dreikönigs =Abend ging er wieder spielen. Als er um Mitternacht heim¬ ging, begegnete ihm auf halbem Wege ein unheimlicher Mann, der einen rauhen Baumast als Gehstock benützte. Der Bauer wich dem Manne scheu aus und wollte ihn vorübergehen lassen. Doch dieser blieb alsogleich stehen, stieß grimmig seinen unförmlichen Stock seitwärts in den Schnee und sagte mit tiefer, brummender Stimme: „Muaß i den Krebn da einistöcka“. Von diesem Augenblick an war der Bauer, der Zeit seines Lebens ein seines Gehör gehabt hatte, „stockterrisch“. Er ging zu den Aerzten und tat sonst alles, was man ihm riet, damit er wieder sein gutes Gehör bekäme. Doch es half alles nichts, er war und blieb stocktaub. Da riet man ihm, er solle in der nächsten Heilig= Drei¬ königs =Nacht, zu der gleichen Stunde wie im Vorjahre, denselben Weg gehen, dem Manne aber, wenn er ihm begegnen sollte, ja nicht „umstehen“, das heißt, nicht ausweichen. Der Bauer tat, wie ihm geraten wurde. Richtig begegnete ihm wieder dieser merkwürdige Mann. Als der Bauer ihm nicht aus dem Wege ging, griff dieser grimmig und brummend nach seinem rauhen Baumast, der wieder seitwärts im Schnee stak und sagte: „Muaß i den Krebn wieder außaziagn. Von diesem Augenblick an war der Bauer von seiner Taubheit geheilt und sein Gehör wieder so scharf wie ehedem. Der eingemauerte Silberschatz Zum Wirtshaus in der Steinwänd im Ramingtal gehörte früher auch eine Klingenschmiede die aber schon lange abgebrochen ist. Sie stand gegen¬ über dem großen Wirtshaus und der mächtigen tausendjährigen Linde, sie stand an der Straße unweit des Ramingbaches, der hier vorüberrauscht. Von dieser Schmiede geht die Sage, das unter der Esse einst ein Zwieeimer voll Silbergeld eingemauert war. Vielleicht ist dieser Silberschatz in den gefähr¬ lichen Zeiten der Franzosenkriege oder auch schon früherer Kriege dort der¬ steckt und solcherweise dem Zugriff beutelustiger Soldaten entzogen worden. Der damalige Besitzer mag mit Recht angenommen haben, das die raubsüch¬ 135

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