Grabungen 1952 konnten wir ein weiteres Stück bergen*). Die rasche Er¬ höhung zum Municipium mag vielleicht ihre Ursache darin finden, das 193 n. Chr. bei der Ausrufung des Septimius Severus sich ihm die Il Italica so¬ fort anschloß. Die Stadt teilte das Schicksal der Truppe. Unter den wirren Kämpfen der Soldatenkaiser hat sie gelitten. Drei große Zerstörungsperioden haben wir in unseren Suchgräben feststellen können. Alamannen und Juthungen plünderten unter Gallienus, wenig später unter Aurelian kam es zu neuerlicher Not, wenn auch die Hauptangriffsfront im benachbarten Rätien lag). Mit eiserner Hand schuf der große Illyrer Diokletian (284305) Ruhe. Eine neue Provinz entstand durch die Teilung Norikums, eine Uferzone wurde als Noricum ripense abgeteilt. Sitz der Zivilverwaltung wurde Ovilava, wäh¬ rend die südliche Provinz, Noricum Mediterraneum, wieder in Virunum seine Zentrale erhielt. Neue Truppen kamen ins Land, die legio I Noricorum, die in Mautern garnisonierte. Trennung des Zivils vom Militär war die Losung der Zeit, um die Gefahren von Usurpationen zu beseitigen. In Wels saß der Zivilgouverneur, der praeses, während der dux in Lauriacum seinen Sitz hatte. Man suchte nach den Feinden des Reiches, nach den Urhebern der Not. Vor allem das Christentum als revolutionäre Sozialbewegung erschien gefährlich. Wiederholt war gegen dieses bereits mit dem Gesetz vorgegangen worden, jetzt aber wurde ein Generalangriff gestartet, ein Verbotsgesetz erlassen, das genaue Richtlinien gab. Auch in Lauriacum starben Männer für ihre Ueberzeugung, so der pensionierte Kanzleivorstand des Praeses Florianus, den sein ehemaliger Chef (?) Aquilinus in der Enns ertränken ließ (304)*). Gewalt bricht aber nicht Ideen und Ueberzeugungen, für die Menschen bereit sind, ihr Leben zu lassen. 313 brachte das Mailänder Edikt die Freiheit. In den Städten entstanden Kirchen, waren vielleicht im Verborgenen sogar schon vorhanden, tauchten Bischöfe auf und traten Priester an das Licht des Tages. Auch Lorch war Sitz eines Bischofs, noch kennen wir nicht seine Kirche, hoffen aber sicher sie zu finden"). Wiederholt weilten damals Kaiser in den Mauern der Stadt und des Lagers. 341 war Konstantius hier, 374 inspizierte Valentinian die Grenze, 378 hielt sich Gratian auf seinem Zug nach dem Osten im Lager auf. Es ist das denkwürdige Jahr, in welchem bei Adrianopel der Herr des Ostreiches Valens Schlacht und Leben gegen die Goten verlor. Militärisch gehörte der Bereich zum großen Notstandskommando Pan¬ nonien, das vom Donauknie bei Waitzen bis an den Inn reichte“). Ueberall wurde eifrig an den Befestigungen gebaut, wie uns die Ziegel künden, die den Titel und Namen des Kommandeurs Ursicinus im Stempel führen. Aber es fehlten die Menschen, die die Werke besetzen sollten. Man war nicht mehr bereit, sein Leben in die Schanze zu schlagen. So siedelte man Germanen an, 395 beziehen Markomannen das Lager von Carnuntum. Als die Not auf das höchste gestiegen, als der verheerende Zug der Hunnen über das Land ge¬ braust war, da half kein Kaiser, kein Soldat, sondern da zog von Ort zu Ort der heilige Mann Severin, tröstete und linderte die Not'). Rugen waren die Herren im Donauabschnitt der Wachau. Aus der Biographie des Severin kein¬ nen wir das Leben an der Donaugrenze. Es ist armselig und hart. Hungers¬ not herrscht. Das ganze Land ist bereits christianisiert, in Lorch sitzt ein Bischof, auch in Favianis wird einer genannt. Ueberall gibt es Kirchen. Feinde kam¬ men und gehen, brandschatzen. Vor den Alamannen räumt man die oberen Kastelle, das heißt das Land von Künzing (Quintannis) bis Lorch (Lauria¬ cum). Ueberall aber handelt Severin ohne Auftrag, nur getrieben von seinem Gewissen. Als der Heilige tot war, rief Odoaker, der neue Herr im Süden, nach der Vernichtung der Rugen, die Romanen zurück nach Italien (488). Mancher mag gegangen, mehr werden geblieben sein. An der Spitze des Zuges aber führte man die Gebeine des heiligen Mannes mit. Ein denkwürdiger 124
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