chen Fällen werden die Berichte viel ausführlicher und wir bekommen von den Vorgängen ein viel genaueres Bild, als es die sparsamen Bemerkungen über die Dramenaufführungen zu bieten vermögen. Auffällig ist die Tatsache, das die Karfreitagsprozessionen zu Beginn des 18. Jahrhunderts einen un¬ geahnten Höhepunkt erreichen, seit 1720 aber kaum mehr Erwähnung finden; von dieser Zeit an übernehmen die auch schon früher (seit ca. 1660) üblichen Katechistenprozessionen die prunkhafte Ausstattung und damit die führende Stellung. Ausführlichere Berichte über prächtig ausgestaltete Karfreitagsprozessionen finden sich erst im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts. So wird im Jahre 1679 die Befreiung der Juden aus babylonischer Gefangenschaft mit der Leidensgeschichte des Herrn in fünf auf Tragbühnen (super theatra bajulata) dargestellten Bildern in allegorischer Ausbeutung verbunden, ja man gab dieser Prozessionshandlung sogar den Titel „Cyrus“). Wie bereits an anderer Stelle angedeutet wurde, handelt es sich hier um lebende Bilder, die auf Trag¬ gerüsten in der Prozession mitgeführt wurden. Die für 1689 bezeugte Karfrei¬ tagsprozessions) beschränkte sich auf ein einziges Traggestell, auf das manFi¬ guten stellte. 1699 wurde von der Studentenkongregation eine Prozession vor¬ bereitet, von der es heißt, das Christus auf einem Traggestell als König und auf einem aus den Marterwerkzeugen kunstvoll zusammengefügten Thron als Schmerzensmann dargestellt wurde, dem die verschiedenen Gemütsstimmungen ihre Huldigung darbringen, u. zu. so, das der Glaube in der Gestalt der Kirche, der Schmerz und die Zerknirschung an der Haltung des Petrus und der Magdalena und die übrigen Tugenden an besonderen Zeichen erkennbar waren?). Hier haben wir es mit Stummszenen zu tun, die von der Studenten¬ kongregation dargestellt wurden, denn sie hatten ja vom Schuldrama her die entsprechende Uebung. Bei allen diesen Prozessionen ist der Einfluß des Schuldramas unter¬ kennbar und die meisten von ihnen weisen vor allem das Charakteristikum des Barockdramas, die Doppelhandlung, auf, die unmittelbar die Beziehung zum Drama herstellt"). In der für 1679 erwähnten Prozession ist die Parallel¬ Handlung dem Alten Testament entnommen, in den anderen wird die Passion mit der triumphierenden Kirche in Beziehung gesetzt. Die Veranstalter, die Jesuiten und die Mitglieder der verschiedenen Kon¬ gregationen, sind selbstverständlich bemüht, diese Prozessionen so prunkvoll als möglich zu gestalten und man ersinnt immer wieder Neues, fügt immer mehr dramatische Elemente ein, bis sie schließlich einen Punkt erreichen, an dem das Dramatische das absolute Uebergewicht erhält, wie dies z. B. bei der für 1715 in den Litterae Annuae für Steyr belegten der Fall ist. In liebe¬ voller Weise gibt der Chronist ein genaues Bild von diesem Ereignis und läßt die Vorgänge gleichsam plastisch vor unseren Augen wieder erstehen und sie uns miterleben. Hören wir, was er berichtet!). „Ausführlicher und eingehender ist über die zu Steyr veranstaltete Flagel¬ lantenprozession zu berichten. Ihr Thema war die Fortsetzung und der Ab¬ schluß der Fastenpredigten in unserer Kirche; da nämlich in diesen die Mög¬ lichkeiten der Versöhnung des Menschen als Feind des Kreuzes mit dem Kreuze aufgezeigt wurden, bereitete die marianische Kongregation dem Kreuze einen triumphalen Einzug. Der Zug setzte sich aus drei Teilen zusammen: Der erste bestand aus Bildern und stellte ein Sinnbild aus dem alten Testamente dar und zugleich auch dessen, der in diesem starb; u. zu. als erstes Bild Isaak, wie er das Holz trägt, auf das er selbst als Opfer gelegt werden soll; als zweites war das Österlamm zu sehen, das auf diesem Holz hingeopfert werden soll; als drittes ein Stab mit einer Schlange, ein ehernes Gefäß haltend; als viertes Moses mit dem wundertätigen Stade; als fünftes eine Stange, welche die von Josue und Chaleb aus dem Heiligen Lande mitgeführte Traube hält; 116
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