Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1954

keinen Erfolg gehabt zu haben. Als sie 1695 ein Patent der Landeshauptmann¬ schaft in Erinnerung brachten, „daß auf Herrn Johann Höllingers als kaiserl. Hofkammer Tabak Appoldo Administrators gehorsambs Anhalten kein Tabak außer ihn zu Enns fabriziert werden soll“, wagte die Stadt, wie früher gegen Geiger, keinen Einspruch mehr, sondern beauftragte das kaiserliche Stadtgericht, diesen Befehl gebührend zu beobachten.*) Zwei Jahre später wurde bekannt, daß Höllinger eine Verlängerung seines Schutzpatentes an¬ strebe, was als „höchst schädlich“ für die Bürgerschaft angesehen wurde. Der von Steyr damals gemachte Vorschlag, den landesfürstlichen Städten den Tabak=Appalt zu übertragen, drang aber nicht durch. Mit kaiserl. Patent vom 20. 5. 1701 wurde Höllinger das Tabakprivilegium noch auf „einige Jahre“ und laut Patent der Landeshauptmannschaft vom 18. Mai 1703 auf „andere 3 Jahr“ verliehen.s) Zu Beginn des Jahres 1703 wurde von der Regierung der Tabakauf¬ schlag eingeführt und Georg Bartholomäus Fischer als „Tabakaufschlager im Lande ob der Enns bestellt. Im nächsten Jahre verpachtete die kaiserliche Ministerial=Deputation den Tabakappalt an Baron Locatelli, der Fischer mit der Durchführung betraute. Wie sich das Verhältnis zwischen Höllinger und den Steyrer Tabakmachern gestaltete, geht aus den Archivalien nicht hervor. Wahrscheinlich arbeiteten sie im Dienste des Appaltators, der sie ja auch mit Rohtabak belieferte.“) Zu Anfang des 18. Jahrhunderts treten die Tabakmacher immer weniger in Erscheinung, die meisten verlegten sich auf die Tabakkrämerei. Schon im Jahre 1683 befanden sich in Steyr zwölf bürgerliche Tabak¬ krämer. Zeitweilig gab es zwischen ihnen und den Tabakerzeugern größere oder kleinere Konflikte. Befaßten sich ja gelegentlich auch die Händler mit der Tabakerzeugung oder es verlangten die Tabakmacher, daß der Tabakverkäuf am „Platz“ (Stadtplatz) nur am Wochenmarkt zu geschehen habe. Aber auch die Erzeugnisse der Tabakmacher waren nicht immer zufriedenstellend. Im ge¬ nannten Jahre verlangten die Händler, daß sie „gerechten Tabak“ erzeugen, ihn 41) um billigen Preis geben und nicht unter einem Viertelzentner verkaufen.“ Im Jahre 1684 kommt es zwischen ihnen hinsichtlich des Kaufes der Tabak¬ blätter und der Ablöse von Tabakwaren zu einem Vergleich, der von beiden Teilen bei vier Reichstaler Pönfall „unverbrüchlich“ zu beachten war.“ 8 Einige Tabakkrämer betrieben den Tabakhandel als Nebengewerbe, so die Pulvermacher Veit und Martin Eisengrueber, die aber wegen Explosions¬ gefahr für das Pulver und für den Tabak je einen Verkaufsstand haben mußten, ferner der Gewerkschafts=Eisenbeschauer Wolf Teiflberger, der Lett¬ schlosser Wolf Gottlieb Rechberger, der Sockenstricker Johann Wibmer und der Stadtbader Wilhelm Matheß.“) Die Tabakwaren bezogen die Krämer oder „Ständler“ im 17. Jahr¬ hundert hauptsächlich von den städtischen Tabakmachern, doch gab es auch Ausnahmen.“) Ueber Tabakschmuggel berichten die Ratsprotokolle aus dem Jahre 1719. Damals beklagten sich die Tabakhändler wider den Bürger und Salzbereiter Sebastian Ledermayr, weil er oberländischen Tabak herein¬ bringe.“) Das kaiserliche Patent vom 11. März 1723 untersagte bei Strafe neuerlich die Einfuhr ausländischen Tabaks und wies die Käufer an die zu Linz eingerichtete Tabak=Verschleiß=Adminiration.“) In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts verringerte sich merk¬ lich die Zahl der Tabakkrämer. 1723 wurde ihnen das Tabakfeilhalten an den Vormittagen der Sonn= und Feiertage eingestellt, 1724 mußten sie der Landeshauptmannschaft namentlich gemeldet werden und im Frühjahr 1725 konnten sie aus einem am Rathaus angeschlagenen landesfürstlichen Befehl ersehen, daß im Tabakwesen eine Neuordnung geplant war.“) 83

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