— Anna Zelenka, Steyr Eeinnerungen aus Dex Gulden- und Kreuzerzei Im Geist ersteht vor uns die Bruckner= und Werndlzeit. Selbsterlebtes von einem ehemaligen Wirtstöchterlein am Ahlschmiedberg. Ja, das bekannte Gasthaus Anzengruber, berühmt ob seiner gut bürgerlichen Küche und guten Getränke, gern besucht von alten Steyrer Persönlichkeiten, unter denen sich auch der Waffenkönig Josef Werndl und unser großer Gottesmusikant Bruck¬ ner befand. Drei Töchter kredenzten den hohen Gästen, was ihr Herz begehrte. Meister Bruckner besuchte gern dieses „Dreimäderlhaus“ War doch eine un¬ ter ihnen, die Hannerl, die er besonders verehrte und in sein Herz schloß. Eines Tages begegnete ihm am schmalen Steyr=Brückerl die mittlere Schwester, Ma¬ riedl. Drei frische, schöne, rote Rosenknospen sollten am Ahlschmiedberg für ihn sprechen. Mariedl hätte so gern eine Rose ihr eigen genannt, doch ver¬ gebens. „Da mußt du noch warten. Erst mit 17 Jahren kannst und darfst du so einen Wunsch äußern“ Als Mariedl 17 Jahre alt war und bei einem Wohltätigkeitsfest beschäf¬ tigt war, kam richtig Bruckner und begrüßte die drei Schwestern. Mariedl war schneidig und erinnerte Bruckner an das seinerzeitige Versprechen. Bruckner hielt Wort. Er erschien mit den versprochenen Rosen. „So, Mariedl! Da nimm und bleib so brav wie Schwester Fany!“ Bescheiden war er immer. Ihm hat der Dank von einem kleinen Mädchen genügt. Ob andere auch so bescheiden wären? Das war eben „Bruckner“ Werndl war besonders oft am Ahlschmiedberg. Der Taubenkirta war ein Festtag in Aichet. Da wurden von Werndl schon vormittag die am Spieß gebratenen Tauben bestellt, die nur „Großmutter“ Anzengruber zu bereiten verstand. Nachdem er seine diesbezüglichen Wünsche geäußert, mußten alle Kinder antreten, die sogenannte „Godnbüchsn“ bringen, in die unser Werndl mit Schmunzeln jedem Kinde einen ganzen Gulden versenkte. Wie leuchteten da die Augen der fünf Anzengruberkinder und pochte jedem das Herz vor Freude. Was hat man damals um einen Gulden erstehen können! Unendlich viel. Aber man sparte, denn das Geld wuchs im Sparbüchel an. Das junge Volk ging mit Werndl dann zum Taubenkirtag und zum Ringl¬ spiel. Erst kamen die Anzengruberischen aufs Pferd und alle mußten einmal den gelben Ring stechen. Dann folgten die ganzen Kinder von Aichet. Alles wußte, daß es hoch herging, wenn Vater Werndl kam. Es sind heute in Ehren ergraute, alte Menschen, die noch gern von diesen alten Zeiten sprechen und nicht wollen, daß das Erlebte vergessen wird. Es gehört doch jede kleine Erinnerung zu unserem ehrwürdigen, schönen, alten Stadtchen und es soll nichts der Vergessenheit anheim fallen. 77
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