nicht zu Papier bringen konnte. Das war ihm bei seinen Komödien, die man so oft mit großem Beifall an den Pariser Bühnen und vielen Privattheatern aufgeklärter Adeliger gegeben hatte, nicht schwer gefallen. Immer hatte er dem Stoff gegenüber die nötige Entfernung gefühlt, die Bilder hatten ihn nicht nahe geschmerzt und bedrängt, er war Herr gewesen, wie immer und überall. Nun aber war es anders geworden. Seit er begonnen hatte, die Ge¬ chichte seines Lebens zu formen, war Unruhe über ihn gekommen, und doch konnte er von dem Plane nicht lassen, der ihn mit seltsamer Gewalt hielt, mit dem er ringen mußte, wie mit einem Feinde um seine Freiheit. Diesem Feinde mußte sein Auge in gemessener Entfernung begegnen, er mußte Worte und Sätze vor sich hinstellen, klingend, ihrer gespenstigen Stummheit ledig. Aber der Klang durfte nicht einsam widerhallen, zurück in sein Herz, ein anderer mußte ihn aufnehmen, in verstehenden Blicken mußte der Klang zur Ruhe fin¬ von fleißigen Händen in Zeichen gebannt werden. den, Der Graf versank in der Formung eines Gedankens, tauchte auf und sah mit einemmal Madeleines Augen auf sich gerichtet: einen Blick lang, schon beugte sich der Kopf wieder über das Papier. Der Graf sprach nicht, er sann dem Blicke nach. Anders, ganz anders als sonst waren die Augen, groß, weit, von staunendem Bewußtsein erfüllt, sie lebten vor ihm, störten seine Gedanken¬ reihe. Er berichtete eben von seinen Erlebnissen im Nordamerikanischen Frei¬ heitskrieg, in dem er an Lafayettes Seite gekämpft hatte. Mitten in der Schil¬ derung eines Gefechtes hielt er inne. Madeleine sah nicht auf, unbewegt über das Blatt gebeugt, saß sie, die Feder in der matt leuchtenden Hand. „Madeleine! Nun wandte sich das Köpfchen, die Stirne unter dem durch keinen Zwang 57
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