Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1954

„Ich gebe ihn um diese Münze.“ „Du bist verrückt. „Ich bin nicht verrückt, ich möchte so eine Münze haben.“ „Hast du zuviel Wein getrunken? „Auch das nicht. Aber ich habe sieben Esel, ohne den dort noch immer sieben, und keine römische Münze.“ „Ich möchte dich nicht gerne betrügen. Sor Robbio, er ist ein kluger Mann, mußt du wissen, Sor Robbio hat gesagt, es ist nur ein Stück Blei.“ „Natürlich ist es ein Stück Blei, jede Münze ist so ein Stück Eisen, Blei oder Gold oder etwas. Aber das allein ist es nicht. Oh, ich weiß wohl. Aber manhat sie auf dem Palatin gefunden. „Du sollst keinen Schaden haben, behalte lieber deinen Esel.“ „Ist er nicht ein schönes und starkes Tier?“ „Er ist es, und ich könnte einen Esel gut brauchen.“ „Dann nimm ihn und gib mir die Münze. Meinen Dank hast du noch als Draufgabe. So wandert die Münze zum dicken Bauer Donolo von Santa Elena, und er prahlte mit seinem Besitze vor allen verwandten und bekannten Leuten. Er heimste Verwunderung, Neid und andere Begier ein, sie waren die Zinsen, die ihm der Wert des Esels eintrug, und er dachte lange nicht daran, sie von einem Händler oder einem Sor Robbio schätzen zu lassen. Erst als die allgemeine Neu¬ gier abkühlte und niemand mehr um die römische Münze fragte, erst als es sich erweisen sollte, ob er ihr in einer stillen, nicht zu beugenden Liebe anhing oder sich ihrer laut rühmen mußte, daß sie den früheren Reiz für ihn behielt, ging er hin und wollte sie zu marktgängigem Gelde machen. Er erschrak kaum, als er vernahm, sie wäre ein elendes, zufällig rund geformtes Blei, aber niemals eine Münze. Es empörte sich in ihm auch kein widerspenstiger Glaube gegen den Spruch des Mannes in dem Laden. Aus der zerstörten Hoffnung entstand sogleich eine neue: den gutgläubigen Menschen zu finden, der sie ihm wieder abnahm. Alles auf der Welt ist für Donolo Tausch oder Handel, warum nicht auch das merkwürdige Metallscheibchen? Eines Tages kam Giovanni Lucchi aus Rocca di Papa in das Haus des Bauern Donolo, er kam, um sein Geld für gelieferten Wein zu holen. Donolo ah ihn schon, als er noch unten auf dem Platze an dem Brunnen stand, um seine Hände in der marmornen Schale zu kühlen. Und in der kurzen Zeit, die er für die paar hundert Schritte zum Hause herauf brauchte, drehte Donolo den Strick für ihn „Du kommst um Geld, Lucchi,“ sagte er und hatte Essig im Gesicht, „oh, es sind traurige Zeiten!" „Mit deinem Gejammer wirst du mich nicht bezahlen, das weißt du gut. „Ich weiß, ich weiß, aber wenn du auch das Haus umkehrst, kein Soldo wird herausfallen... Eine Münze, ja, eine alte römische Münze, auf dem sie gehört zum Haus. Also du mußt war¬ Palatin hat man sie gefunden, aber ten, Lucchi. „Was ist das mit der Münze? „Ich sagte dir schon, auf dem Palatin gefunden, beim Haus des Cäsar, du nie so eine Münze im Museo gesehen, unter Glas? hast „Ich habe sie gesehen.“ Und gleich darauf wog er das graue, platte Klümpchen auf der Hand. „Ja, wenn sie aus Gold wäre, vielleicht könntest du dann die Schuld mit ihr bezahlen. „Sie ist nur aus Blei, sage ich dir, aber sie ist mir mehr wert als Gold. Sie hat den Cäsar gesehen, weißt du überhaupt, was das heißt? Wahrscheinlich ist ein Zauber in ihr.“ 47

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