Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1954

„Es wäre schön, aber es geht nicht.“ „Ist es nicht eine billige Osteria, billig und gut?“ „Wunderbar billig, wunderbar gut, aber... ja, wenn der Händler die römsche Münze gekauft hätte! Man hätte wieder Geld, aber...“ Er legte die Münze auf die magere, braune Hand des Wirtes. „Ich habe sie auf dem Palatin gefunden“, sagte er, „denken Sie, auf dem Palatin!“ „Palatino“, wiederholte Tomasio andächtig, wendete das Plättchen einige Maleum und kratzte mit einem Fingernagel leise über die vermeintliche Pra¬ gung. „Wenn Sie wollen, Sie können noch bleiben, Herr, eine Woche, zwei Wo¬ um diese Münze.“ chen, „Es ist aber nur Blei, es ist wertlos,“ widerriet ihm der ehrliche Mann traurig. „Der Händler in der via delle terme hat es gesagt.“ „Der Händler ist ein Esel“ zürnte der Wirt und seine Stimme bewegte sogar die Wäsche. „Die Münze ist Geld für zwei Wochen.“ Man kennt diese Händler, sie wollen ihre großen Geschäfte machen, des¬ wegen haben sie keine Augen für die kleinen. Und sie sind blind für eine Münze und ihre schon halb unsichtbare Schrift, weil sie nur kaufen, was mit beiden Händen zu greifen ist. Man wird nicht zu dem Händler in der via delle terme gehen und auch zu keinem anderen. Da kommt manchmal in die Österia ein dürres Männchen, ißt ein weiches Brot, kaut manchmal ein paar Oliven und trinkt seinen Wein; jedesmal lobt er ihn und meint, daß er eines weiten Weges wohl würdig sei. Es ist Sor Robbio, er ist selber Herr in einem Museo, Herr über tausend Statuen, hundert Glasschränken und zehn Diener, bei ihm hat man solche Münzen auf grünem Samt liegen gesehen, jawohl, es waren auch so dunkle Münzen mit verwischter Schrift unter ihnen, und Tomasio hat es, weil es so merkwürdig, fast unglaublich scheint, wohl behalten, daß graue Mün¬ zen vor den glänzenden und sogar goldenen zählen. Sor Robbio wird die 45

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2