Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1954

Tilgung einer Strafe Die Tilgung einer Vorstrafe kann nach den österr. Rechtsvorschriften in zwei¬ facher Weise erfolgen: Einmal gibt die österr. Bundes-Verfassung dem Bundespräsi¬ denten die Möglichkeit, in einzelnen Fällen gnadenweise die Tilgung einer Vorstrafe vorzunehmen. Die zweite Möglichkeit einer Straftilgung umfaßt nicht eine einzelne Person, sondern ganze Personengruppen; die hiefür erforderlichen Voraussetzungen sind in einem gesonderten Gesetz, dem Straftilgungsgesetz, festgehalten. Für die gnadenweise Tilgung durch den Bundespräsidenten bestehen keine ge¬ setzlichen Voraussetzungen. Es liegt dies vielmehr im Ermessen des Bundespräsidenten, unter Würdigung der vorgebrachten Gründe über das Ansuchen zu entscheiden. Die gesetzliche Straftilgung weist folgende Erfordernisse auf: 1. Zeitablauf seit Verbüßung der Strafe; 2. ein gewisses Höchstausmaß im Zusammenhang mit einer mehrmaligen Verurteilung oder einer dreimaligen Verurteilung wegen derselben schädlichen Nei¬ gung (z. B. Betrug, Veruntreuung, Diebstahl) Zum Zeitablauf ist zu sagen, daß die Tilgungsfrist mit dem Zeitpunkt beginnt, ab dem die Strafe vollzogen oder nachgesehen wurde und die ev. Maßnahmen zur Sicherung oder Besserung (Arbeitshaus, Erziehungsanstalt) durchgeführt oder gegen¬ standslos geworden sind. Durch Stellung unter Polizei- oder Schutzaufsicht wird der Lauf der Tilgungsfrist nicht gehemmt. Die bereits eingetretene Tilgbarkeit von Ver¬ urteilungen wird durch nachfolgende Verurteilungen nicht berührt. Bei Verurteilungen wegen Uebertretungen und Vergehen beträgt die Tilgungs¬ frist, sofern eine Freiheitsstrafe nicht verhängt wurde, drei Jahre, bei Verhängung von Freiheitsstrafen fünf Jahre, bei Verurteilung zu drei Jahren Kerker zehn Jahre, bei darüber hinausgehenden Strafen fünfzehn Jahre. Die Tilgungsfrist für Jugendliche unter achtzehn Jahren beträgt bei Uebertretun¬ gen und Vergehen drei Jahre, bei Verurteilungen wegen Verbrechen fünf Jahre, ohne Rücksicht darauf, ob eine Freiheitsstrafe verhängt wurde oder nicht. Ist jemand öfter als einmal verurteilt worden, so verlängern sich die dargestell¬ ten Tilgungsfristen um soviel Jahre, als die Zahl der Verurteilungen beträgt. Eine Tilgung ist ausgeschlossen bei Verurteilungen zu lebenslangem Kerker, bei dreimaliger Verurteilung wegen strafbaren Handlungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, es sei denn, sie wären den Umständen nach geringfügiger Natur gewesen, und schließlich, wenn die Summe der verhängten Freiheitsstrafen drei Jahre übersteigt. Die Tilgung erfolgt über Antrag des Verurteilten oder seines gesetzlichen Ver¬ treters, und es kann der Tilgungsantrag sowohl bei dem für die Tilgung zuständigen Gerichtshof als auch bei jedem Gericht, von dem eine Verurteilung ansgesprochen wurde, aber auch bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Antragsteller seinen ordentlichen Wohnsitz hat, mündlich oder schriftlich eingebracht werden. Der Til¬ gungswerber kann bei seinem Antrag auf Tilgung gemäß den gesetzlichen Vorschrif¬ ten auch begehren, daß dieser Antrag im Falle seiner Zurückweisung als Gesuch um gnadenweise Tilgung zu behandeln sei. In diesem Falle ist jedoch eine besondere Be¬ gründung angezeigt. Gegen Beschlüsse über Tilgungsanträge kann der Tilgungswerber nur dann Be¬ schwerde erheben, wenn seinem Antrag nicht vollständig stattgegeben wurde. Die Be¬ schwerdefrist beträgt acht Tage. Wlois Itavelka, Oleur, Olieserfeldpl. 31 ELEFON 2941 und 2942 Obst- Gemüse- und Südfrüchte-Großhändler — — 207

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