Goya keuchte. Lerma schüttelte den Kopf. „Unsinn! Man munkelt viel. Das Bild ist Gewißheit. Aber der Zorn eines Herzogs Alba kann selbst Euch ge¬ fahrlich werden, Goya.“ Der andere hämmerte plötzlich mit den Fäusten auf den Tisch. „Was wollt Ihr denn von mir? Was drängt Ihr Euch in mich. Was hab' ich Euch getan? Ihr wittert hinter jedem meiner Bilder eine Kopie der Mitwelt. Ich male keine Schlüsselstücke der Natur, Herr Herzog. Bin kein Abschreiber des Schöpfers. Lerma war bleich zurückgetreten. „Mäßigt Euch“, sagte er leise. „Man könnte Euch hören!“ Der Maler stieß ein herausforderndes Lachen aus. „Mag mich jeder hören! Ich male, was ich malen muß, frage des Teufels, ob es eines Herzogs Gesicht oder eines Bettlers, von dem ich den oder jenen Zug borge; weiß selbst nicht mehr, von wem ich mir ein Gesicht geborgt! Da drinnen brennt es“, er schlug mit den Fäusten auf die mächtige Brust, „da drinnen, und meine Fäuste malen, was da drinnen brennt! Modell ist, was ich sehe, was ich brauche und gestalte. Modelle, Modelle, lauter Modelle! Aber keine der Natur gestohlenen Abbilder!" Er keuchte. Und darum hängt hier kein Minister, sondern ein alter Faun, darum warf ich das Unglück und das Leid dieses unseres spanischen Vaterlandes auf die Blätter, die Ihr kennt ohne zu fragen, ob der Vorfall jener Grausamkeit oder dieses Mordens wirk¬ lich gewesen sei. Schon die Frage danach beleidigt mich! Und das hier", er stieß die Hand gegen den Haufen Bilder vor, „ist darum keine Cousine, keine Herzogin von . .., sondern einfach das Bild einer schönen, unbekleideten Frau, das ich gemalt habe, wie ich sie sehe und wie ich sie liebe! Versteht Ihr mich 7 jet Der Herzog trat in die Fensternische. „Ich verstehe“ sagte er langsam. „Verstehe, daß Ihr toll und blind und nicht zu retten seid!“ Die Tür wurde aufgerissen, die Portiere zur Seite gestoßen. Goyas Fa¬ mulus stürzte herein. „Seine Hoheit, der Herzog von Alba sind gekommen wollen Euch sprechen, Meister!“ und Der Maler keuchte. „Der Herzog von Alba?“ Der Famulus war schon wieder hinausgeeilt. Lerma trat rasch neben den Erstarrten. „Deshalb bin ich gekommen, davor wollte ich warnen. Jetzt rettet, was zu retten ist! Schont den Ruf der Frau! Schweigt!" Der Maler ah ihn eigentümlich an. „Ich danke Euch, Ihr seid mein Freund, aber Ihr sollt auch mit mir zufrieden sein!“ Die massige Gestalt des Herzogs von Alba zwängte sich durch die Tür. Goya trat ihm mit Grandezza entgegen. „Oh, Eure Exzellenz in meinem Hause, welche Ehre!“ Alba winkte erregt ab. „Nichts, nichts! Ah, Lerma hier gut, da hat, was ich zu fragen habe, einen Zeugen.“ Lerma verbeugte sich stumm und scheinbar verständnislos. Der Maler wuchtete säulenhaft im Bo¬ den. „Ich verstehe die Hoheit des Herzogs von Alba nicht, wozu braucht es eines Zeugen?“ Dieser trat ächzend auf ihn zu. „Meister Goya, ich muß klare Antwort haben auf eine Frage.“— „Fragt!“ Ruhig kam die Antwort. „In Madrid geht das Gerücht, hinter mir, neben mir, heute morgen hat mir ein anonymer Brief die Augen geöffnet!“ Goya stand unbeweglich. „Für anonyme Briefe ist das Feuer gut, Hoheit“ sagte er ernst, „soll der Brief wenigstens brennen, wenn nicht der Lump, der ihn schrieb und der nicht den traurigen Mut hatte, ins Gesicht zu sagen, was er weiß oder zu wissen vorgibt.“ Alba schüttelte zornig den Kopf. „Darum handelt es sich nicht. Was ich frage, ist mehr als das Wissen eines anonymen Briefschreibers? Goya, Ihr betrügt mich mit meiner Frau?“ Goya fuhr empor. „Herzog von Alba, der Ruf der Herzogin, die ich heiß verehre, sollte zu solchen Scherzen zu wert sein!“ Alba senkte den Kopf. „Es ist kein Scherz, wie meine Ehre nichts ist, womit ich scherzen lasse, Herr Goya. Drum klare Antwort!“ Der Maler verbeugte sich. „Nein, Herzog von Alba, es ist eine Lüge!“ Dieser riß den zu engen Kragen auf. „Ich weiß, das ist 76
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