Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1953

„Es ist der Studienkopf eines Fauns, den ich so gesehen habe“, sagte der Maler hart. „Und nichts anderes ist es oder ist dahinter zu suchen.“ Goya hob das angefangene Bild von der Staffelei, stellte es vorsichtig zur Wand. Lerma war mit zwei Schritten bei ihm. „Ein ganz neues Bild? Laßt es mich doch sehen!" Ehe der Maler es hindern konnte, hatte er es seiner Hand entwunden und wieder hingestellt. „Herrlich“ sagte der Herzog nach einer Pause. Der Maler stand steif. „Ich danke für das Lob, Hoheit.“ Lerma sah noch immer auf das Bild. „Was soll das Bild kosten, wenn es fertig ist, Goya? Ich will es kaufen. Dieser regte sich nicht. „Das Bild wird unverkäuflich sein, Hoheit", sagte er nachdrücklich. Der Herzog wandte langsam den Kopf. „Schade! Es wäre bei mir gut aufgehoben. Und es könnte so leicht in falsche Hände kommen, oder mißver¬ standen werden! Auch wenn es bei Euch bleibt.“ Der Maler bohrte die Augen in die des andern. „Ich verstehe nicht, was Ihr meint?" Der Herzog hielt den Blick ruhig aus. „Merkwürdig, es ist noch nicht fertig, aber dieser Körper, die Haltung, auch schon die Andeutung des Kopfes, es sieht jemand ähnlich, den ich kenne, und ich komme und komme nicht darauf.“ Er hatte unwillkür¬ lich die Stimme erhoben. Irgendwo war eine Bewegung, wie ein plötzlich unterdrücktes Geräusch. Der Herzog lauschte. „Ist jemand hier, Goya?“ Der Maler verschränkte die Arme. „Hier ist niemand zu finden, Hoheit!“ sagte er finster. Lerma stand jäh neben ihm. „Goya, wozu die Komödie? Was hilft das Leugnen. Ich bin doch Euer Freund!“ Seine Hand wies erregt auf das Bild der Frau. „Was ist Euch nur eingefallen? Ich weiß es: es ist das Bild meiner Cousine, der Herzogin von ...“ Der Maler riß das Bild von der Staffelei, türmte drei andere darüber. „Hoheit, das ist nicht wahr, wie kommt Ihr darauf?“ Der Herzog ließ es ruhig geschehen. „Gebt acht, wenn Ihr das Bild verdeckt. Es ist noch feucht. Die Welt würde viel verlieren, wenn es Schaden litte. Ihr seid mir auf meine Frage die Antwort schuldig geblieben. Hab' ich recht? Sie ist es!“ „Nein“, 75

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