a 171220 2 überall, das Auge sieht Farben, das Ohr hört Musik, es kann dir niemand nehmen, was du bist! Und ich antwortete meinem Vater mit einem Anflug von befreiter Heiter¬ keit: „Wenn du es wünschest, lieber Vater, so werde ich Arbeiter werden.“ Ich sah hierauf ein leises Erstaunen im Antlitz des Vaters. Hatte er etwa erwartet, daß mich Bestürzung, Scham oder Reue erfassen würde? Es blieb mir bis heute unbekannt, was er damals dachte, denn wir sprachen auch später niemals darüber. Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Küstendampfer von Pola nach Triest. Es war März. Der frühe istrianische Frühling war schon wach, er gab der blauen Adria den warmseligen Glanz und der graugrünen Küste das freudig grüßende Leuchten. Wir legten, immer nur für wenige Minuten, vor den kleinen romantischen Fischerstädtchen an: Rovigno, Parenzo, Cittanuova, Umago. Es war meine erste Reise zur See, es war die erste Fahrt ins Unbe¬ kannte. Der Vater war lieb, fast zärtlich zu mir, wie man zu jemand ist, von dem man für lange Zeit Abschied nimmt. Ich fühlte mich in diesen wenigen Stunden stark auf mich selbst gestellt, es galt, Wurzeln zu schlagen im Alleinsein und zugleich heimisch zu werden in der fremden Welt. Ich mochte in diesen wenigen Stunden um Jahre gereift sein. In Triest, dessen bewegter Hafen mir nicht wenig Bewunderung abzwang, führte mich der Vater vor allem zur Quartierfrau, die ihm empfohlen worden war. Er zeigte mir eine armselige, nur spärlich erhellte Kammer und sagte, auf zwei dürftige Betten weisend: „Hier wirst du mit einem zweiten Lehrling schlafen. Wir gingen hierauf in die mechanische Werkstätte, aus der, wie ich wußte, 58
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