Schweif und Mähne geflochten, und zum Schluß tut der Knecht ein übriges und bindet ein paar Büsche Blumen auf den Halfter und die Kruppe. Denn er ist ja noch ein junger Kerl, er hat noch Anwartschaft auf allerlei Nelken¬ stöcke und Geranien in der Umgebung. Gut soweit, der Knecht führt also den Gaul heraus, und der Bauer sitzt Man läßt den Braunen ein bißchen tanzen und steigen, hinten auf dem auf. Anger, wo es niemand sieht, wenn der Reiter fürs erste noch einen argen Buckel macht. Dann krachen auch schon die Böller, man rückt auf den Dorfplatz und sucht sich einen Platz im Zug, wo es einem nach dem Herkommen zusteht. „So etwas“, sagt der alte Knecht, „so etwas Prächtiges kannst du dir gar nicht ausmalen. Die Musik schlägt ein und bläst mit einer solchen Gewalt, daß der Braune immerfort den Kopf schütteln muß. Alle Vereine sind da mit ihren Fahnen, Fahnen haben auch die Häuser ausgesteckt, und dann die Blu¬ men überall, und die Gäule selbst, natürlich, mit den glänzenden Beschlägen, und die Reiter in gestärkten Hemden, blütenweiß, und mit Bändern auf dem Hut. Und voran der Pfarrer mit dem Allerheiligsten unterm Himmel, mit zwei Leviten links und rechts, alle im Meßgewand, und hintendrein acht weiße Jungfrauen, die ihm antworteten, wenn er nach dem Umgang den Leonhardi¬ egen spricht. Ja, das ist ein Fest“, sagte der Knecht, „das sind glorreiche Tage in der Jugend gewesen, die vergißt einer sein Lebtag nicht mehr.“ Aber Sankt Leonhard verdient es auch, daß man ihm Ehre antut, schon wenn man sein Leben und Wirken betrachtet. „Du mußt nicht meinen“ er¬ klärte mir der alte Martin, „daß ein Heiliger nun einfach seinen Schein um den Kopf hat und ohne Anfechtung leben kann. Leonhard zum Beispiel ver¬ kroch sich tief in den Wald hinein und war keinem Menschen zur Last. Aber denkst du, daß er dort seinen Frieden hatte? Nein. Da lebte nämlich sein Halbbruder in der Stadt, der war Koch beim er oder stahl er, jedenfalls kamen König, oder Roßknecht. Ich weiß nicht, soff sie ihm dahinter, und der König ließ ihn in der ersten Wut an eine Kette schmieden, die war so schwer und so lang, daß man sie oben an die Wind¬ fahne hängen mußte, wenn der Mann tief unten in dem Turm hockte. Nun konnte Leonhard aber seinen Bruder nicht im Elend sitzen lassen, sondern als er davon erfuhr, rückte er aus dem Wald heraus, haarig und lausig, wie er war, und hinein in das Schloß zum König. „Höre“ sagte er, ich bin doch der heilige Leonhard, und du hängst mir meinen Bruder an die Kette, das geht nicht! Du bringst mich ja ins Gerede, agte er. Das sah der König dann auch ein, und weil er sich's mit einem Heiligen nicht verderben wollte, ließ er den Burschen wieder laufen. Leonhard nahm ihn mit sich in den Wald, um ihm das Luderleben aus¬ zutreiben durch Arbeit und magere Kost. Aber siehst du, die Sache sprach sich doch herum. Jedermann konnte ja die leere Kette im Turm hängen sehen. Und so oft nun ein Galgenvogel irgendwo in der Gegend gefangen wurde, gleich kam die ganze Verwandtschaft zu Leonhard in den Wald gerannt und lag ihm so lange in den Ohren, bis er sich doch wieder erbarmte. Mit der Zeit übte er sich natürlich, und seine Wunderkraft nahm derart zu, daß er schon gar nicht mehr aus dem Walde zu laufen brauchte, er wirkte auch in die Ferne durch die große Macht seines Gebetes. Auf diese Weise fand sich allmählich ein Haufen Leute um den Heiligen zusammen. Manche darunter waren wirklich bußfertig und meinten es ehr¬ lich mit ihrer Bekehrung, aber andere dachten: einer, der Spitzbuben in einem finsteren Wald sammelt, könnte leicht ganz andere Dinge im Sinn haben als ein gottseliges Leben. Oho“ sagte der Roßknecht, „da kamen sie aber an den Unrechten, bilde dir nur nichts ein! In der Frühe heraus, mein Lieber, und Bäume umreißen und Steine schleppen den ganzen Tag, und abends wieder nur Wurzelsuppe 53
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