Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1953

lich im Kreis. Der aber war wiederum so schwierig zu treffen, daß der Kuchen schließlich nicht mehr viel über einen Taler groß blieb, als ich vor der Kapelle ankam und ihn dem Heiligen zu Füßen legte. 1 2200 00 2 2 41 77 22 T AAG 37 72 24 2 I —— —— — 4 — — 40 ∆ Sankt Leonhard aber sah streng und wissend auf die kümmerliche Scheibe nieder. Ach ich merkte sogleich, daß er alles durchschaute! In Herzensangst und Reue gestand ich meine Untat und stammelte meinen ganzen Vorrat an Ge¬ ∆ beten her. Ich bot dem Gottesmann alle meine Spargroschen zur Sühne an und beschwor ihn flehentlich, er möchte doch mich selbst mit dem gräßlichsten Bauchgrimmen züchtigen, aber den armen Gaul nicht meine Sünde entgelten lassen, — nein, es war vergeblich. Nichts konnte den Zürnenden rühren, nicht das kleinste Lächeln der Verzeihung kräuselte sich um seinen stummen Mund. Er starrte nur und starrte auf den angekauten Lebkuchen herab. Völlig ge¬ brochen und der schrecklichsten Strafen in Zeit und Ewigkeit gewärtig, wankte ich endlich davon. Aber seht nur, so ist Leonhard, der gute, der große Heilige, der Patron aller reumütigen Spitzbuben! Als ich wieder zu den Nachbarsleuten geschlichen kam, um mit ihnen den toten Rappen zu beweinen, da lag der gar nicht steif und verreckt im Stroh, sondern stand munter auf allen Vieren und fraß schon Hafer aus dem Trog. Alle hatten mit angesehen, wie der Teufel gleichsam mit Blitz und Schwefel aus ihm entwichen war, und das zweifellos in dem Augen¬ blick, als ich die Kerze in der Kapelle anzündete. Nun, ich schwieg. Ich hatte nichts dagegen, daß der alte Roßknecht den heiligen Leonhard in alle Himmel pries, in Wirklichkeit war ja das Wunder noch viel größer gewesen, als er 50

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