Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1953

Teufels= und Narrenszenen und die scharfe Polemik gegen die katholische Kirche. Auch in der Bühnenform weicht er von seinem Vorgänger im Schulamt etwas ab. Er verwendet eine ganz einfache neutrale Bühne, bei der aber Sukzessions¬ technik mit Vermeidung von Innenszenen an die Stelle der Brunnerschen Simultantechnik getreten ist. Später, nach Wiedereröffnung der lutherischen Schule 1608, wird nur mehr 1611 eine Aufführung im Rathaus und 1618 ein Spiel vom verkauften Joseph mit anschließender lateinischer Komödie erwähnt. Viel ging verloren. So wurden durch die Visitationskommissionen im Gefolge des Reformationsediktes von 1624 etwa 20 Wagen konfiszierter Bücher weg¬ geführt. Einblick in die Ereignisse dieser bewegten Zeit gewähren die Chroniken und Annalen der beiden Katholiken, des Schulmeisters Wolfgang Lindner, der seine Aufzeichnungen im Auftrage des Abtes von Garsten schrieb, und des Färbermeisters Jakob Zettl, von protestantischer Seite die umfang¬ reich en „Annales Styrenses“ des Valentin Prevenhuber, Nürnberg 1740, der chließlich seines Glaubens wegen auswandern mußte. Einiges wird über katholische Spiele ab 1603 berichtet. Garsten als ein Hort der Gegenreformation spielte dabei eine wichtige Rolle. 1603 wird ein Kain aufgeführt, 1604 ein „Udo, Erzbischof von Magdeburg“ ein „Isaac“ und ein Weihnachtsspiel, 1607 der „Barmherzige Samaritan“ im Steyrer Rathaus gegeben, 1609—1611 Weihnachts= und Passionsspiele, 1612 Josef von Arimathäa“ usw. Meist wird von „Dialogus“ gesprochen, so daß man sich über die Art der Gestaltung nicht ganz klar wird. 1628 spielte man bei den Dominikanern, die 1626 ihr Kloster wieder zurückerhalten hatten, am 14. November, dem Vortag des Ordensheiligen Al¬ bertus Magnus, eine „Komödie von einem König und seinen drei Söhnen“ mit einem Totentanz, wobei es sich wohl um den bekannten Wettstreit handelt, wer sich als bester Sohn erweist. Es ist der, der den Schuß auf den Leichnam des Vaters verweigert. All diese Dinge reichen über Jahrhunderte hinweg ins „Steyrer Kripperl“ hinein. Träger der Gegenreformation waren auch in Steyr die Jesuiten. Sie 2 kamen 1631, eröffneten 1632 mit zwei Schülern ein Gymnasium, das aber bald solchen Zuspruch erhielt, daß sie ein neues Schulgebäude errichten mußten und 1681 einweihen konnten. Hier spielte man wie überall Legenden, Mär¬ tyrer= und Heiligenstücke, rief zum Kampf gegen die Türken auf oder brachte pät noch 1738 den Stoff von Schillers „Bürgschaft“ in barocker Form aufs Theater. Doch ist gerade über das Steyrer Jesuitenspiel sehr wenig bekannt. Auch die Geschichte des Steyrer Buchdrucks liegt im argen. Anscheinend hat dieser doch als Vermittler eine gewisse Rolle gespielt. So sind aus dem 18. und dem frühen 19. Jahrhundert zwei Drucke von Liedern auf den Dok¬ tor Faust erhalten, die an die süddeutsche Version der Sage anschließen, nach welcher Faust vom Teufel das Gemälde eines Crucifixus verlangt. Abra¬ — ham Wimmer (1772—1790) und Josef Greis (1804—1827) sind die Drucker. Der Josephinismus, die österreichische Form der Aufklärung, brachte zahl¬ reiche Klosteraufhebungen und damit vielfache Verschleppung kostbarsten Kulturgutes. Hiebei wurde die Kirche der Cölestinerinnen in der Berggasse aufgehoben 25. Mai 1784) 1792 in ein Theater verwandelt, in dem zunächst Wanderschauspieltruppen, manchmal auch Dilettanten spielten, immerhin aber auch der Dichter Ludwig Anzengruber (1861/62) und der Schauspieler Josef Matras sich die ersten Lorbeeren holten. Die Zeit ging gegen alles Alte vor. Der Direktor der Hauptschule Amand Berghofer aus Grein betätigte sich als aufgeklärter Satiriker und Alois — Blumauer (1755—1798) folgte ihm hierin. In der Enge Gasse zu Steyr geboren, sollte er Jesuit werden, wandte sich aber 1773 nach der Aufhebung des Ordens nach Wien, wo er Hofzensor und Buchhändler wurde. Ein Ritter¬ 109

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