Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1952

Neue Römerfunde auf dem Ennser Boden Von Josef Amstler, Kustos des Museums der Stadt Enns Zu den ältesten Bauten der Stadt Enns zählt auch das Museumsgebäude, das durch den Umbau vom Jahre 1547 auch einen schönen Arkadenhof erhielt. In diesem ehemaligen Rathaus von Enns begann man im Jahre 1898 mit der Aufstellung der Museumsbestände, die heute in fünf Räumen unter¬ gebracht sind. An der breiten Hausstiege und im Flur des ersten Stockes sind die römischen Steindenkmäler, das Lapidarium, eingeordnet und in zwei Zimmern das reichhaltige Sammelgut an römischen Funden zu sehen. Im Auftrage des Oesterreichischen Archeologischen Institutes in Wien veröffent¬ lichte Prof. Dr. A. Gaheis im Jahre 1937 einen Führer durch die Altertümer von Lauriacum (Lorch=Enns), in welchem die Ergebnisse der vieljährigen Forschung an diesem wichtigen Punkte des österreichischen Donaulimes zu¬ sammengefaßt wurden, der aber heute durch seine kleine Auflage schon ver¬ griffen ist. Er ist aber auch bereits überholt und eine Neuauflage ist geplant, denn in letzter Zeit ist die römische Abteilung des Museums der Stadt Enns durch viele und schöne Funde bereichert worden, wozu die rege Bautätigkeit infolge des Wohnungsbedarfes nach den Kriegsjahren ziemlich beigetragen hat. Schon im Jahre 1945 wurde nördlich des Ennser Friedhofes, also außer¬ halb des Legionslagers, eine 7 cm hohe Bronzeplastik, ein Juppiter tonans, gefunden und ein Jahr darauf auf einem Acker südlich des Friedhofes der Votivaltar (Sandstein, 30X17 cm) eines Marius Messorianus; der Name der Gottheit ist nicht erhalten. Den wertvollsten Fund desselben Jahres bildete ein trapezförmiges Bruchstück (10.5—20X10 cm, 0.2 cm stark) einer Bronzeplatte mit Inschrift, der Rest eines 2. Exemplares der Lex Lauriacensis (Stadtrecht von Lauriacum), aus dem Gärtnereigrund östlich des Friedhofes stammend. Eine Publikation durch A. Betz (Epigraphisches Seminar Wien) wird voraussichtlich noch 1951 erfolgen. Das Jahr 1948 brachte eine Bronzefibel, eine Ringfibel und eine 22.5 cm hohe Urne aus hellem Ton (Funde aus Kristein). Als Zuwachs des nächsten Jahres sind zu nennen: Zwei Torsi aus weißem Marmor (ca. 45 cm hoch), darstellend einen Kaiser und einen Genius, beide im Legionslager gefunden; ferner ein Grabsteinfragment (Hand mit Papierrolle), ein Oellämp¬ chen, viele Tonbruchstücke, eine Lanzenspitze, mehrere Werkzeug¬ stücke, eine kleine Bronzeglocke, zwei Bronzenadeln, drei Silber¬ münzen und viele Bronzemünzen. Besonders schöne Fundergebnisse sind für das Jahr 1950 zu verzeichnen: Auf dem Lagergrund nächst dem einstigen Prätorium wurde eine vorzügliche Bronzestatuette (19 cm hoch) eines stehenden, militärisch gerüsteten Römerjünglings mit stilisierter Mauerkrone auf dem Haupte beim Ausheben einer Sickergrube in ca. 1 m Tiefe gefunden; sie kann als eine syrische Gottheit (Baal) gedeutet werden. Im westlichen Lagergrund wurde bei einem Hausbau ein Inschrift¬ fragment aus weißem Marmor (29X18 cm, Schrifthöhe 3.5 cm), eine Ehrenschrift für Aurelian (Zeit ca. 274/75), aus der Erde geholt; eine Ver¬ öffentlichung darüber wird durch Dr. H. Vetters erfolgen. Anläßlich von Neu¬ bauten an der Limesstraße kamen wiederholt zahlreiche Kleinfunde (Terra¬ 91

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