Die deutschen Schulen der Stadt Steyr zur Zeit der Glaubensspaltung Von Josef Ofner. Die bedeutenden Entdeckungen und Erfindungen am Ausgang des Mittel¬ alters steigerten das Bildungsbedürfnis breiter Volksschichten. Die Verbreitung von Druckwerken, vor allem religiöser Bücher der erweiterte Handelsverkehr sowie die Reformation drängten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Einführung eines besonderen Volksunterrichtes, der, losgelöst von Fremd¬ sprachen, neben religiösen Unterweisungen die elementaren Kenntnisse des Lesens, Schreibens und Rechnens vermitteln sollte. So vollzog sich denn auch in Steyr um 1530 eine Umgestaltung des Schul¬ wesens, und zwar in der Weise, daß neben der evangelischen Lateinschule, die aus der mittelalterlichen Stadtschule hervorging, sogenannte „teutsche Schulen errichtet wurden. Erstmalig berichtet hierüber das im Stadtarchiv verwahrte älteste Steuerbuch aus dem Jahre 1543, das außer Andreas Khuttner, dem ersten Rektor der Lateinschule, auch die ersten deutschen Schulmeister Chri¬ stoph Fraydler u. Wolfgang Perger als Deutschschreiber („teutsch¬ chreiber")!) verzeichnet. „ Zur Eroffnung von zwei deutschen Schulen kam es zuerst in der inneren Stadt. Sie waren im „Gemeinen Kasten“, im uralten Stadtschulgebäude am Berg und im Neutor untergebracht. Das Jahr ihrer Errichtung ist nicht genau feststellbar. In der Vorstadt Steyrdorf wurde der Unterrichtsbetrieb erst 1590 aufgenommen, aber schon nach sechs Jahren wieder aufgegeben. Wie die Latein¬ schule standen auch diese Unterrichtsanstalten völlig unter protestantischem Ein¬ fluß. Im Zuge der Gegenreformation des Jahres 1599 wurde die Lateinschule geschlossen, doch weilte Rektor Mauritius noch im Jänner 1600 in Steyr.2 Auch die deutschen Schulen sollten eingestellt werden.s) Die Befolgung dieser Anordnung wurde jedoch bis zum Jahre 1604 hinausgeschoben. Im Juni 1602 erinnerte der Stadtschreiber den Rat an den Befehl des Landeshaupt¬ manns, die unkatholischen deutschen Schulmeister abzuschaffen und deren Stellen mit katholischen „qualifizierten“ Personen zu besetzen, da es offenbar geworden sei, „daß diese unkatholischen deutschen Schulmeister sich gar des unkatholischen Religions Exercity und an den Sonn= und Feiertagen gar Kinderlehr mit häu¬ figem Zulauf der gemeinen Bürger und Handwerksleut zu halten unterstehen“ 7 Der Rat aber war der Ansicht, daß sich dieser Befehl nur auf die lateinische Schule beziehen könne.*) Als nun kurz darauf, und zwar Ende September, eine neuerliche Verfügung die Abschaffung der unkatholischen Schulmeister forderte, beschloß die Stadtbehörde, dem Landeshauptmann zu berichten, daß sie bereit sei, katholische deutsche Schulmeister anzustellen, wenn sich solche zum Schul¬ dienst melden würden.5) Es kam auch in diesem Jahre noch zur Schließung der Schule am Berg, doch holte man die mit dem Abte zu Garsten im 15. Jahr¬ hundert geschlossenen Verträge „wegen Ersetzung der hierigen Pfarr mit Pfarrern, Schulmeistern und Kirchendienern“ wieder hervor,), suchte in der Registratur die „Special Gravamina“ und beauftragte den Stadtschreiber und die Ratsmitglieder Stauder, Georg Ruedinger und Hans Stadlmeier hieraus einen Bericht zu verfassen. Allein alle Bemühungen, den Fortbestand der evan¬ gelischen Schulen zu sichern, führten zu keinem Erfolg. Das Protokoll vom 75
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