Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1952

im Winter auf der Ofenbank, im Sommer vor der Haustür, und luzelte an seinem Pfeiflein, während sein schneidiges Weib in Haus und Hof das Zepter schwang. Wohl hätte sie ganz gern ihre Macht geteilt — mit dem bildsauberen, stämmigen Großknecht, dem sie süße Augen machte, nach denen ihr Gatte lang vergebens geschaut. Ob es der Bauer bemerkte? Der Großknecht fühlte es wohl und er hatte ein Leben wie der Herrgott in Frankreich. Wenig Arbeit und viel Essen und bei allem die besten Bissen. Das war 's, was den Bauern am meisten wurmte: die Lieblingsspeisen des Knechtes lagen stets auf der Schüssel, aber das fette Rahmkoch, das schön geschmalzene, goldgelb schimmernde „roglige“ Mus, das der Hoisbauer für nix sein Leben gern aß, kam nie auf den Tisch. Das war sein Herzeleid. „Eh hab'n auf der Welt, Zähn' wie a abbrendt's Bauerndorf, mit dö m’r nix beißen kann und nit amol a Rahmkoch!“ So saß er eines Tages wieder auf der Hausbank und klopfte eben sein Pfeifchen aus, als der lustige Arzt auf seinem Steirerwäglein daherrasselte. 27 Vor dem Alten hielt er an und fragte: „Na, Herr Vota, wia geht's allweil? Der Hoisbauer trat schwerfällig an den Wagen, schüttelte die dargebotene Hand und stützte die Ellbogen auf: „Na mein, wie geht s! Auf all' zwoa End miserabel und in der Mitt'n nix nutz.“ „Sakralot, däs is nachher nit extra. Fehlt 's ban Schlaf?“ „Se tat's, da irrt mi die ganz' Nacht nix. Aber der Magen is a Lotter vertragt nix; glei a Rahmkoch, ziemt mi, wa eahm recht!“ „Meh laßt er sich aft koans schmeckn? Weil er koans kriagt. Sie kocht koans, moant allweil, 's tragt's nit.“ Der Arzt, der viel herumkommt, weiß längst wie viel es auf jedem Bauerngut geschlagen hat. Ein Lichtlein blitzt in seinen schalkhaften grauen Augen, und indem er dem Bedrängten die Schulter klopft, meint er: „So werd'n m'r halt 'n Hoisbauern a Rahmkoch verschreib'n, eppa wird eahm aft leichter. Aber zu dera Medizin g’hört a eig’ne Verhaltung; geht der Bauer a weng mit, aft werd' i eahms verraten.“ Und während das Gefährte weiter zieht und der lustige Arzt vertraulich zu dem Nebenherschreitenden spricht, wird das breite Bauerngesicht immer heller und heller, und wie er sich zur Heimkehr wendet, kann der Hoisbauer ust mit Mühe einen Jauchzer zurückhalten. „A sakrischer Kampl, der Dokta, se is er schon,“ lacht er in sich hinein und setzt sich schmunzelnd auf seine Bank. Indes fährt der Arzt weiter und begegnet am Ausgange des Dorfes der Bäuerin, die eben mit dem Großknecht und dem übrigen Gesinde vom Felde kommt. „He, sagt der Arzt und läßt die Zügel fallen, „allweil säubriger w'ird die Hoisbäuerin. Wann alle Leut' so ausschauten, müaßt der Dokta bei sein G'schäft verhungern. Aber der Hoisbauer, da hat 's was! Alt wird er halt, da gibt 's koa Kräutl dageg'n. Deswegen braucht 's koa Angst —nur ja koane fetten Sachen nit essen, sunst wa's g'fahlt!“ Und der Arzt schnalzt mit der Peitsche; einmal noch wendet er sich um: „Nur koane fetten Sachen nit!“ Dann jagt der Wagen davon. Die Agerl wird bald bleich und bald rot, einen raschen Blick wendet sie gegen das Gesinde, das müde und teilnahmslos eine Strecke hinterdrein tappt. Daheim angelangt, streichelt sie dem verblüfften Gatten das ruppige Kinn und fragt mit zuckersüßer Miene: „Steffel, was hat s denn mit dir, daß d’ gar so müad herschaust? Tuast mir völli dabormen. Dem Bauern ballt sich die Faust im Sack, aber der Arzt hat ihn zu eindringlich belehrt. So faßt er sich und erwidert kläglich: „Ja, mein Agerl, mir fahlt halt s Jungsein. So viel letz is m’r z' Muat. Mi ziemt, i dermach 's neama lang.“ „Wa' net aus, Steffel; na, wart' nur, was ih dir heunt für a Kraftsupperl 68

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