Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1952

4 er schiebt den Tisch von sich und horcht der Krieger. Frau, sagt er, ich muß ins Feld ziehen. Bring mir Se meinen Säbel aus der Kammer! jede will einen Aber die Weiber! Es ist seltsam 2 fängt zu heulen Helden zum Manne haben und jede auf der Bären¬ an, wenn er es einmal satt bekommt Klarinette auf, haut zu liegen. Plötzlich schluchzt die sein. Man sieht das kann nur die Frau des Kriegers □ wirft und zum förmlich, wie sie sich an seinen Hals ein schlimmes Steinerbarmen weint. Das nähme dem Flügelhorn Ende, wenn nicht der Kapellmeister verstohlen einen Wink gäbe, damit es sich ins Mittel legt und etwas Tröstliches dazwischen sagt. Der Mül¬ lerbursch hält sich ja schon längst dazu bereit, niemand könnte diese Stelle so ergreifend blasen wie er. Die Lippen hat er schief zur Seite gezogen und seine Trom¬ — pete an den Mundwinkel gesetzt, die Augen dreht er über sich und die eine Wange wölbt sich kugelrund her¬ aus, kein Mensch hielte es für möglich, daß dieser teuf¬ — lischen Fratze so himmlische Töne zu entlocken wären. ruhig, sagt das Flügelhorn zur weinenden Frau, jede Kugel trifft ja nicht. Sei Mannhaft gesprochen, freilich, aber wüßte der Krieger, was der Kapell¬ meister weiß, daß er nämlich im nächsten Augenblick schon in eine mörderische Schlacht geraten wird, er wäre weniger großmäulig. Jetzt endlich kommt mein Freund zur Geltung, der Trommler, die ganze Zeit stand er da, mit dem Schlegel in der Hand, mit der brennenden Lunte sozusagen, und nun läßt er den Kanonendonner gewaltig rollen. Das Geschützfeuer knattert und knallt und ganze Salven prasseln darein, kein Wunder, daß da manchem der Atem versagt. Nur der Kapellmeister steht kaltblütig auf dem kippenden Faß und stößt hierhin und dorthin mit seinm Stock wie mit einem Degen. Aber es steht dahin, ob er die Schlacht noch retten wird. Denn ihm droht das Schlimmste, was einem Feldherrn zustoßen kann: Die Mitte wankt! Es ist kein Zweifel mehr, die Posaunen bleiben zurück, das schwerfällige Fußvolk. Allein in diesem Augenblick der Verwirrung, während uns allen die Hoffnung zu schwinden scheint, richtet sich der Meister zu voller Größe auf. Noch gibt er nichts verloren, noch kann er das Becken ins Treffen führen! Unversehens rasselt es hart, nach allem, was ich von der Kriegs¬ kunst verstehe, muß das die Reiterei sein! Und wahr¬ haftig, sie ist es, sie wirft sich in den Kampf. Grausig anzuhören, wie das klirrt und dröhnt, furchtbar das Wiehern der Klarinetten, das Schnauben der Hörner und das Hufgestampf der Bässe. Nur meinen Freund, den Trommler, rührt das alles gar nicht an. Umbarm¬ herzig löst er Schuß auf Schuß aus seinem schweren 1 Geschütz, einerlei wen es trifft, Freund oder Feind, das war schon immer so bei den Kononieren. Und wirklich wendet sich das Glück. Allen Lärm übertönend, bläst der Hornist zum Sammeln. Allmäh¬ lich finden sich alle wieder ein, gottlob, auch die Po¬ saunen sind da, außer Atem keuchen sie herbei und treten in das Glied. Ja, Hut ab, zum Gebet! Vor¬ über ist die mörderische Schlacht, nun lege jeder die 2 Hände ineinander und gönne sich einen Augenblick — der Besinnung, ehe das Trio beginnt. Der Abend kommt, das Biwak auf der Wallstatt. Jetzt zieht der 55

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