Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1952

gemeinsam mit den anderen Buben unter Aufsicht des Lehrers in die Kirche. Dort ging es bald los. Der Pfarrer „saß“ schon, als der jugendliche Büßer¬ zug daherkam. Ein Knirps nach dem andern betrat reuig und ängstlich den Beichtstuhl, um ihn mit protziger Sicherheit wieder zu verlassen. Es ging wie auf dem Schnellsieder. Die Bürschlein hatten ihre wenigen lumpigen Sünden fein sauber aufgeschrieben und lasen sie herunter wie ein Kapitel aus der Bibel. Das Aufschreiben hatte der Pfarrer selbst den Buben angeraten: „Nur alle Sünden fein aufschreiben, Bübeln, damit ihr ja nix vergeßt! Wenn ihr erst einmal all's bereut und einbekennt habt, dann sollt ihr erst sehen, was das für ein Gefühl ist; so ring= und federleicht, wan kann 's nit beschrei¬ ben man kann 's nur fühlen!“ Schwer ging 's dem Hansl mit Reue und Vorsatz. Mitten drin plagten ihn wieder weltliche Gedanken. „Die Braun'gfleckte, dö die Häuserin jetzt hat; wenn i nur die amal dertapp'n tät'; der wollt' ich den Kragen zuschnüren; na, vielleicht erwisch' ich sie morgen... Endlich traf 's ihn, den strohhaarigen, verschmitzten Hansl. Mit schlot¬ ternden Knien wankt er in den Beichtstuhl. Schon hat der Pfarrer das kleine Türchen aufgemacht; der Hansl soll beginnen. Der aber sucht und sucht nach dem Sündenzettel. Der Pfarrer wurde schon ungeduldig: „Kreuztibi¬ domine! Fang einmal an!“ Der Hansl, krebsrot im Gesicht, stiert in allen Säcken herum, beutelt sein Schnupftuch hin und her und muß endlich als er¬ tes bekennen: „I find' meine Sünden nimmer!“ „Ahl Hast die Tabell'n verlor'n; Saggramentsbua!“ Der Pfarrer half dann aber doch nachsichtig und liebevoll dem Gedächnis des Hansl nach. Da kam zuerst zagend die Katzen¬ geschichte; dann schlüpften die Kornsäcke herfür, und schließlich haspelte der Hansl seine Sündenlast nur so herunter. Nichts vergaß er, es waren ja lauter typische Fälle. Als er zu Ende war, wartete er den Pfarrer ab, mutig, aber mit Fassung. Was wollte der auch machen! Schreien durfte er nicht, da wäre das Beichtgeheimnis in Gefahr; nach den Ohren oder dem Schopf langen konnte er nicht, denn da war ja ein engmaschiges Gitter dazwischen. Ja von dem Gitter war der Hansl ganz besonders befriedigt. So eine Einrichtung! So fürnehm und ausgesucht praktisch. Gar so böse war der Pfarrer nicht einmal. Betreffs der Katze fragte er bloß: „Hast das Vieh gepeinigt?“ „Na! G'rad' ein bissel aufg’hängt! Weiter ward kein Sterbenswörtchen über Muinz und Mauz gesprochen. Ja, es dünkte den Hansl im Dämmerlicht, als hätte der Pfarrer gar ein bissel geschmunzelt. „Die Braung'fleckte werd' i auch nit leid'n lass'n; 's Hängen geht g’schwind, und i bin schon in der Uebung,“ dachte sich der Hansl, als er nach Verrichtung der Buße froh aus dem dämmrigen Kirche ins Freie trat. Wie er aus dem Freithof schritt und neben dem Pfarrhof abschwenkte, überwältigte ihn das Wohlbehagen. Er war federleicht. Er machte einen Luftsprung. Aber er war noch nicht mit beiden Füßen wieder auf dem Boden, da hatte ihn schon die massige Häuserin beim Kragen, zerrte ihn mit wutfunkelnden Augen die zwei Schritte gegen den Holzschuppen. Dort ergriff sie ein Scheit. „Also du bist 's g’wes'n!. . . Du hast meine schwarze Katz' umbracht! Du hast!“ kreischte sie und hieb auf Hansl ein. Immerzu schrie sie: „Da hast! Da hast!“ Und der Hansl hatte von ihr doch nichts verlangt. Aber sie gab und gab. Der Hansl brüllte, daß die Hennen vor dem Schuppen angstvoll auseinanderstoben. „J tu's g’wiß, ganz g’wiß nimmer!“ Auf solche Art erweckte die Pfarrersköchin noch nach¬ träglich in dem Hansl Reue und Vorsatz. Endlich warf sie das Scheit wieder zu den andern und den Hans aus dem Schuppen. Während er sich erhob, um schleunigst das Weite zu suchen, ertönte vom niederen Dache ein spöt¬ tisches Miau der braungefleckten Katze. Aber der Hansl lief und dachte nicht ans Hängen. Wie kam die zu der Katzengeschichte? Der Hansl hatte schon früher öfters die Pfarrersköchin gedankenlos eine alte Hex' geschimpft. Jetzt hätte 43

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